Landeshauptstadt: Christdemokratische Kämpfe
Potsdams CDU ist demoliert – weil um den Kreisvorsitzenden Wieland Niekisch ein Machtkampf tobt
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Zank, Unstimmigkeiten und Hinterhältigkeiten sind in der Brandenburger CDU keine Seltenheit – von der Parteispitze bis zum kleinsten Ortsverband. Bei den Potsdamer Christdemokraten werden die Auseinandersetzungen allerdings seit dieser Woche besonders scharf geführt. Der Grund: Der seit Monaten schwelende Machtkampf um den Kreisvorsitzenden Wieland Niekisch. Mit einer schriftlichen Rücktrittsforderung an Niekisch, die am Dienstag überraschend bekannt wurde, ist der Konflikt wieder offen ausgebrochen. Angezettelt hat ihn nicht etwa einer der bekannten Niekisch-Gegner, sondern der in der Potsdamer CDU geachtete Stadtverordnete Wolfgang Cornelius. Bislang hatte er öffentlich immer hinter Niekisch gestanden – doch jetzt erhob er schwere Vorwürfe: Niekisch habe der Partei geschadet, im Sinne eines Neuanfangs sehe er keine andere Möglichkeit als den Rücktritt Niekischs. Das kann als Ausdruck dafür gewertet werden, wie umstritten der Kreisvorsitzende selbst an der Basis ist. Es liegt allerdings nahe, dass die vermeintlichen „Königsmörder“ in der Potsdamer CDU auf diese Weise indirekt versuchen, Niekisch zu stürzen.
Ist der Kaufmann und Hobbypolitiker Cornelius damit im Machtpoker der zerstrittenen CDU mit Peter Schultheiß auf der einen, und Wieland Niekisch auf der anderen Seite, zum Spielball geworden? Niekisch ist Landtagsabgeordneter, Vizechef der Landtagsfraktion und Kreisvorsitzender der Potsdamer CDU – Schultheiß ist pensionierter Leiter der Kriminalpolizei Potsdam und einer der mächtigsten Ortsverbandschefs. Aus der Disharmonie, die zwischen ihnen herrscht, machen beide keinen Hehl. Doch warum hat sich Cornelius, der als integer gilt, zur Rücktrittsforderung entschlossen? Darüber wird in der Potsdamer CDU heftig spekuliert. Cornelius ist in dieser Woche als Schatzmeister und aus dem Kreisvorstand zurückgetreten, hat den Niekisch-Kritikern damit wohl die Bahn für Misstrauensanträge und Abwahlanträge geebnet und dem Kreisvorsitzenden selbst einen starken Schlag verpasst. Ausgerechnet Cornelius: Das sei eine neue Qualität, heißt es aus Potsdams CDU-Kreisen. Mit dem Kaufmann sei nicht zu rechnen gewesen.
Denn die direkten Gegner Niekischs sind lange bekannt: Zu ihnen gehören Fraktionschef Michael Schröder, der Chef des Ortsverbands Stern/Drewitz/Kirchsteigfeld und Landtagsabgeordnete Sven Petke oder Peter Schultheiß, Chef des Ortsverbands Innenstadt/Nord. Schon im Vorjahr soll Schultheiß dafür gesorgt haben, dass Niekisch sich bei der Wahl des Kreisvorsitzenden gegen Steeven Bretz behaupten musste. Der damalige Fraktionschef war mit klarem Ziel gegen Niekisch in den Ring gestiegen: Der seit Jahren amtierende und nicht unumstrittene Kreisvorsitzende sollte KO gehen. Doch der Plan scheiterte. Niekisch gewann die Wahl mit der knappsten aller Mehrheiten: Nur eine Stimme Vorsprung trennte ihn von Bretz. Den CDU-Kreisvorsitz hat Niekisch also knapp verteidigt – doch gleichzeitig war klar, dass der Machtkampf damit nicht beendet ist. War jetzt die Zeit reif für einen neuen Angriff? Zeichen dafür gab es schon seit Wochen. Von einem angestrebten Misstrauensvotum war im Lager der Niekisch-Gegner die Rede, und von Abwahlanträgen. Doch nichts passierte. Stattdessen stellte Niekisch am 10. März im Kreisvorstand die Vertrauensfrage – das Votum fiel mit elf zu zwei Stimmen deutlich für ihn aus. Außerdem beschloss der Vorstand, dass die CDU mit dem bis 2009 gewählten Kreisvorsitzenden, also mit Niekisch, in den Wahlkampf für die Kommunalwahl am 28. September geht. Niekisch sieht daher keinen Grund, jetzt zurückzutreten, fünf Monate vor der Kommunalwahl.
In beiden Lagern der Potsdamer CDU, bei den Niekisch-Anhängern und seinen Gegnern, wird seit Dienstagabend gerätselt, wer die Rücktrittsforderung von Cornelius, die nur vier Christdemokraten vorgelegen haben soll, verteilt hat. Denn zunächst war nichts bekannt geworden – obwohl Cornelius wollte, dass sein Schreiben an Niekisch in der Kreisvorstandssitzung am Montagabend, in der er nicht anwesend war, verlesen wird. Niekisch sagte auf Nachfrage, dies habe er nicht getan. Auch wenn Cornelius in dem Brief auch schreibt, er würdige Niekischs Verdienste um die Potsdamer CDU und werde auf alle Nachfragen als offizielle Gründe für seinen Rücktritt aus dem Kreisvorstand seine eigene Arbeitsüberlastung anführen. Daran hielt Cornelius sich auch: Worum es in seinem Brief noch ging, erwähnte er mit keiner Silbe. Dafür erklärte er, dass er für die anstehende Kommunalwahl wieder den zweiten Listenplatz im Ortsverband Innenstadt bekommen habe – hinter Ortsvereinschef und Niekisch-Gegner Schultheiß. Ist das der Deal? Einiges spricht dafür: Beispielsweise, dass Niekisch im Vorfeld von Cornelius“ Angriff gewusst haben soll. Profitieren könnten viele, wenn Niekisch seine Posten räumen würde. Fraktionschef Michael Schröder gehört dazu, der einst die Offiziersschule der DDR-Grenztruppen sowie die Akademie der Nationalen Volksarmee besuchte. Oder der Babelsberger Ortsvereinschef und Junge-Union-Vorsitzende Hans-Wilhelm Dünn, der auch persönlicher Referent von Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns ist.
Aber selbst wenn es soweit nicht kommt und Niekisch Kreisvorsitzender bleibt, steht ein Verlierer schon fest – die Potsdamer CDU.
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