Links und rechts der Langen Brücke: Cleverer Schachzug
Peer Straube über eine unerwartete Offensive des Rathauschefs
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Eigentlich sah es so kurz vor den Ferien schon nach einem gemütlichen Austrudeln in die politische Sommerpause aus, da sorgte der Oberbürgermeister noch für einen unerwarteten Paukenschlag. Mit seinem überraschenden Vorstoß, die Stadt müsse die Dinge beim Mercure-Hotel selbst in die Hand nehmen und sich womöglich auf einen Kauf des umstrittenen 17-Geschossers einrichten, dürfte Jann Jakobs nicht nur den Linken die Urlaubsvorfreude gründlich verdorben haben. Auch im Rathaus und bei den hauseigenen Immobilienmaklern – die hinter den Kulissen nach PNN-Informationen bereits länger an einem Deal basteln – war man über das Vorpreschen des Chefs wenig amüsiert. Denn natürlich verschafft man sich nicht unbedingt eine bessere Verhandlungsposition beim Eigentümer, der auch noch ein Hedgefonds ist, wenn man seine Absichten laut in der Öffentlichkeit kundtut. So etwas treibt allenfalls den Preis in die Höhe.
Dennoch ist die von Jakobs angekündigte Aufnahme des Mercure-Grundstücks ins Sanierungsgebiet Potsdamer Mitte, Teilbereich Lustgarten, ein cleverer Schachzug. Denn damit macht die Stadt auf das Mercure offiziell den „Kann weg“-Stempel drauf. Das ist wie im öffentlichen Dienst – wird eine abzubauende Stelle frei – etwa durch Ruhestand oder Kündigung –, wird sie nicht mehr besetzt. Hat also beim Mercure der Eigentümer kein Interesse mehr an einem Hotelbetrieb, kann er die Nutzung nicht mehr ändern – weil die den Sanierungszielen im Weg stehen würden. Er kann dann aber an die Stadt verkaufen, die dann die – noch festzulegenden – Sanierungsziele erfüllen und nach einem Hotelabriss die Sichtbeziehungen zwischen Stadtschloss und Lustgarten wiederherstellen kann. Sollte das Rathaus diese Pläne offensiv verfolgen, hat es natürlich auch eine Verantwortung der Hotelbelegschaft gegenüber und muss sich darum kümmern, für die Mitarbeiter andere Jobs zu finden.
Man muss Jakobs dafür loben, dass er nach langer Zeit endlich wieder den Mut gefunden hat, beim Thema Potsdamer Mitte – auch gegen Widerstände – eigene Akzente zu setzen. Es ist allerhöchste Zeit, für den Lustgarten die Marschroute festzulegen. Wenn bald rings um das Schloss die Mitte Kontur gewinnt, rückt auch der Lustgarten wieder mehr in den Fokus. Natürlich kostet das viel Geld. Aber wenn das Ziel klar ist, hat die Stadt auch Zeit, die Finanzierung zu sichern.
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