zum Hauptinhalt

Aus dem GERICHTSSAAL: Codewort Fahrradrunde?

Freispruch vom Vorwurf des Rauschgifthandels / Richterin: Sind nicht von der Unschuld überzeugt

Stand:

Innenstadt - Der Staatsanwalt plädierte auf zweieinhalb Jahre Haft wegen gewerbsmäßigen Drogenhandels. Die Verteidigerin forderte Freispruch. Den bekam Konrad K.* (37) gestern auch, wenngleich die Schöffengerichtsvorsitzende betonte: „Wir sind nicht von der Unschuld des Angeklagten überzeugt. Aber wir müssen ihm seine Schuld nachweisen.“ Das gelang nicht zweifelsfrei. Zu sehr verwickelte sich der Belastungszeuge Ralf R.* (36) in Widersprüche. Die Anklage warf Konrad K. vor, zwischen Juni und Dezember 2008 mit Marihuana und Kokain gedealt, sich so eine Einnahmequelle von gewisser Dauer verschafft zu haben.

Siebenmal soll sich der Internethändler mit Ralf R. am Jägertor getroffen haben, wo Drogen und Geld die Besitzer wechselten. Insgesamt 1800 Gramm Marihuana und 30 Gramm Kokain soll Konrad K. an den Gebäudereiniger Ralf R. verkauft haben. Der zahlte nach Angaben der Staatsanwaltschaft sechs Euro für ein Gramm Marihuana, 50 Euro für ein Gramm „Koks“.

„Ich kiffe gelegentlich. Aber ich bin kein Drogenhändler“, beteuerte der mehrfach Vorbestrafte. „Ralf R. kenne ich vom Fahrradfahren. Gelegentlich hat er auch mein Rennrad repariert.“ Eine andere Beziehung habe es zu dem Mann nicht gegeben, so Konrad K. „Haben Sie eine Ahnung, wieso Herr R. Sie belasten sollte?“, hakte die Vorsitzende nach. Konrad K. hatte die Antwort sofort parat: „Es ist bekannt, dass Ralf R. öfter die Unwahrheit sagt.“ „Ich hatte geschäftliche Beziehungen zum Angeklagten“, berichtete Ralf R. im Zeugenstand. Er wurde vom Amtsgericht bereits wegen Drogenbesitzes rechtskräftig verurteilt. Sobald der am Schlaatz Wohnende neuen „Stoff“ brauchte, habe er Konrad K. angerufen und gefragt, ob er Lust auf eine Fahrradrunde habe. Pro Treffen habe er zwischen 50 und 100 Gramm Marihuana von ihm gekauft. Allerdings habe er nur einmal fünf Gramm Kokain von dem Angeklagten erworben. „Das war am 18. Dezember 2008, als ich verhaftet wurde.“ Bei der Polizei hatte Ralf R. dann erzählt, es habe sechs oder sieben Kokainkäufe gegeben. „Nee, es war nur ein einziges Mal“, versicherte er gestern. Im übrigen habe er das hochwertige Rad des Angeklagten nie repariert. Doch ein als Zeuge geladener Hobby-Mechaniker war sich sicher: „Er hat mich einmal um Hilfe gebeten, weil er nicht alleine damit klar kam.“

„Ralf R. und der Angeklagten haben sich zu Fahrradtouren verabredet. Das war der Code zur Drogenübergabe“, erinnerte sich ein Kripo-Beamter. Da dies kein „szenetypischer Jargon“ ist, habe man den Worten bei der Telefonüberwachung zunächst keine Bedeutung geschenkt. Bei der Durchsuchung der Wohnung von Ralf R. sei dann aber „einiges an Betäubungsmitteln“ sichergestellt worden. (*Namen geändert.) Hoga

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })