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Landeshauptstadt: Combino „Melbourne“ ist zurück

Erste komplett sanierte Siemens-Straßenbahn ab kommender Woche wieder im Einsatz

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Knapp neun Jahre nach der Lieferung der ersten Combino-Straßenbahn an Potsdam und dreieinhalb Jahre, nachdem Hersteller Siemens alle Trams diesen Typs wegen technischer Probleme kurzzeitig aus dem Verkehr zog, ist der erste Combino in technisch überarbeitetem Zustand aus dem Werk in Krefeld nach Potsdam zurückgekehrt. Gestern wurde die Tram beim Verkehrsbetrieb (ViP) präsentiert, ab kommender Woche soll der Combino 409 „Melbourne“ wieder im Liniennetz unterwegs sein.

Es habe „ziemlich lange gedauert“, bis der erste Combino komplett saniert werden konnte, erklärte ViP-Geschäftsführer Martin Weis. Siemens habe nach dem Motto „Sicherheit vor Geschwindigkeit“ gehandelt. Nun sei es sicher, dass das Fahrzeug der „Basic“-Serie die geplante 30-jährige Gesamtbetriebszeit einhalten werde. Der sanierte Combino habe alle Bedingungen der technischen Aufsichtsbehörde erfüllt. Weis sieht nun für die Sanierung der insgesamt 16 Potsdamer Combinos die Signale auf grün. Derzeit befinden sich fünf ViP-Combinos im Krefelder Werk, zehn sind im unsanierten Zustand in Potsdam im Einsatz. Nach Aussage von Frank Hermann, Vip-Hauptabteilungsleiter Verkehr und Technik, müssen laut Vertrag bis Ende November 2008 alle Potsdamer Combinos saniert sein.

Am 12. März 2004 hatte Siemens die weltweite Stilllegung aller Combinos anordnen müssen, nachdem Risse in der Fahrzeugstruktur auftraten. Der Combino ist eine 100-prozentige Niederflurstraßenbahn mit einer Aluminium-Schraubenkonstruktion. Statt mit für Bahnen üblichen Drehfahrgestellen ist sie mit Multigelenk-Fahrwerken ausgestattet. Wie Jürgen Schnaas, technischer Mitarbeiter bei Siemens, erklärte, haben „in der Realität höhere Kräfte auf das Fahrzeug eingewirkt, als wir angenommen haben“. Durch einen „irren Prüfaufwand“ und „viele Versuche“ seien nun gute technische Lösungen gefunden worden. So seien die Wagenstruktur entlastet und „lokale Verstärkungsmaßnahmen“ vorgenommen worden. Die Fahrwerke hätten eine zusätzliche Drehdämpfung erhalten, die Wagenkästen seien mit so genannten „Schwenk-Wank“- und „Nick-Wank-Lagern“ miteinander verbunden. Der Combino erhalte dadurch ein Mehrgewicht von 800 bis 1000 Kilogramm.

Wie ViP-Abteilungsleiter Hermann sagte, gehe die Sanierung der Trams mit Verbesserungen für den Fahrgast als auch für die Schienen einher – „ohne bestätigen zu wollen, dass der Combino ein Schienenhobler war“. Dass Drehgestellfahrzeuge gegenüber Multigelenkbahnen einen besseren Lauf hätten, sei aber unbestritten.

Siemens habe laut Schnaas Rückstellungen über 400 Millionen Euro zur Sanierung der weltweit 475 Combinos gebildet. Es gebe weiterhin „genügend Interessenten“ für die Combino. So habe Ulm zwei Fahrzeuge bestellt.

Auch für Potsdam scheint ein zweiter Teil der Combino-Geschichte nicht unmöglich: Brandenburgs Hauptstadt bereitet derzeit die Ausschreibung zum Kauf von 19 neuen Trams vor – acht fest und elf als Option. „Wenn die Ausschreibung passt, beteiligen wir uns“, kündigte Siemens-Mitarbeiter Schnaas an. Er merkte an, dass Siemens durch das Sanierungsprojekt sehr viel „Wissen“ über das moderne Fahrzeugkonzept erworben habe. Siemens hatte in Dresden-Klotzsche bei einer Spezialfirma aus dem Bereich Flugzeugbau sogar Schwingungsversuche an der Wagenkastenstruktur durchführen lassen, um eine 30-jährige Dauerbelastung zu simulieren. ViP-Chef Weis erklärte dazu, die erworbenen Kenntnisse seien „ein Pfund, mit dem Siemens wuchern“ könne. Er sagte zur Ausschreibung: „Natürlich kann man mit dem Combino ein Angebot machen.“ Die Ausschreibung werde herausgegeben, sobald die Finanzierungsvereinbarung zwischen ViP und der Stadt Potsdam zum Kauf der neuen Straßenbahnen von den Stadtverordneten beschlossen ist. Der Finanzausschuss hat bereits zugestimmt, mit dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung wird im Dezember gerechnet. Der ViP geht davon aus, dass die neu erworbenen Straßenbahnen im Frühjahr 2011 in Potsdam fahren werden.

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