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Landeshauptstadt: Combino schubst Tatra

75 Tonnen Stahl und Leichtmetall prallten gestern am Platz der Einheit aneinander – Fahrgäste unverletzt

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Innenstadt - Ein Zusammenstoß zweier Straßenbahnen hat gestern für Verzögerungen im Nahverkehr gesorgt. Ein Combino der Linie 90 sei kurz nach 14 Uhr am Platz der Einheit zu schnell abgebogen und in den hinteren Wagen der entgegen kommenden Tatra-Bahn-Linie 95 gefahren, erklärte Stadtwerke-Sprecher Stefan Klotz auf PNN-Anfrage. Dabei prallte der vordere Teil der 35 Tonnen schweren Combino- an der 40 Tonnen schweren Tatra-Bahn ab, entgleiste und fuhr etwa zehn Meter auf der Straße weiter. Keiner der 100 Fahrgäste in den Bahnen sei verletzt worden. Den Schaden an den Trams bezifferte die Polizei nach der Unfallaufnahme auf rund 200 000 Euro.

Es war der zweite Unfall innerhalb eines dreiviertel Jahres, bei dem ein Fahrer in einer Combino-Bahn zu schnell abbog und dadurch einen Unfall verursachte. Ende Juni 2005 fuhr eine Bahn zu schnell von der Heinrich-Mann-Allee in Richtung Schlaatz ab. Der damals 59-jährige Fahrer ist inzwischen wieder im Dienst des Verkehrsbetriebes, die Schadensbehebung von 945 000 Euro steht noch aus. 16 Combino-Bahnen hatte der Potsdamer Verkehrsbetrieb ursprünglich in Betrieb, nach dem gestrigen Tag stehen drei der Bahnen wegen Unfallschäden derzeit nicht zur Verfügung, so Klotz. Die Landeshauptstadt kaufte 1997 als erste Kommune weltweit den Siemens Combino, weitere geplante Bestellungen wurden nach aufgetretenen Problemen der so genannten Niederflur-Bahn jedoch nicht umgesetzt.

Warum der Fahrer beim gestrigen Unfall in die Kurve einbog, bevor die andere Bahn vorbei war, konnten weder Polizei noch Stadtwerke-Sprecher Klotz gestern erklären. Fest stehe aber, dass die abbiegende Bahn der Linie 90 kurz zuvor noch als Linie 93 unterwegs war, die normalerweise an dieser Weiche nicht abbiegt und bis zur Glienicker Brücke fährt. Dieser Linienwechsel sei ein normaler Vorgang, hieß es gestern von den Stadtwerken. Eine Schleife, so wird die Strecke zwischen den Endhaltestellen genannt, fahre die Bahn als Linie 90, die nächste als 93. Der Fahrer würde dies auf seinem Fahrtenplan erkennen. „Es sieht alles nach einem Fehler des Fahrers aus“, sagte Stadtwerkesprecher Klotz. Dieser werde nun voraussichtlich bis zur Klärung des Unfalls suspendiert und wenn nötig medizinisch betreut. Wer für den an der Straße und der Bahn entstandenen Schaden aufkommen muss, blieb gestern offen. Jedoch seien die Fahrer für derartige Fälle zumeist mit einer Haftpflichtversicherung plus weiterer spezieller Versicherungen für Schienenfahrzeuge ausgestattet.

Auf die Stellung der Weichen hätten die Fahrer kaum noch Einfluss, hieß es gestern. Denn die funktioniere teilweise automatisch per Computer – die Weiche auf der Straße Am Kanal Ecke Platz der Einheit gehört dazu. Die Fahrer würden bei Dienstantritt einen Code in die Bahnen eingeben der den kompletten Linienplan des Fahrzeugs enthalte. Danach werden sowohl die Liniennummer-Anzeige als auch die Weichen computergestützt je nach Fahrtziel verändert.

Erst am Dienstag kam es nur einige hundert Meter von der jetzigen Unfallstelle zu einem Crash zwischen Pkw und Tram. Die gestern die Kollision verursachende Bahn 407 „Basel“ war erst Anfang Februar in einen Unfall verwickelt, als ihr in der Heinrich-Mann-Allee ein Krankenwagen hinten rein fuhr. Die Auswirkungen waren gestern bei der Bergung noch zu erkennen, denn nach Aussage eines Mitarbeiters sei die normale Abschleppvorrichtung nicht komplett montiert gewesen. Dennoch wurde die Combino-Bahn mit einer so genannten Unimog-Zugmaschine wieder zurück ins Gleis gezogen und sei laut Stadtwerke noch fahrtüchtig. Die Tatra-Bahn habe dagegen laut Polizei einen Achsenbruch und konnte nur mit fremder Hilfe auf den Werkshof gezogen werden.

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