Landeshauptstadt: Corpshauptstadt Potsdam
„Masovia“ führt auf ein Jahr die Geschäfte für 101 studentische Verbindungen
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„Masovia“ führt auf ein Jahr die Geschäfte für 101 studentische Verbindungen Auf ein Jahr wird Potsdam „Hauptstadt“ für die etwa 20 000 Mitglieder des Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV). Abgesandte der an 39 Universitäten zwischen Kiel und dem österreichischen Leoben vertretenen 101 studentischen Verbindungen übergaben die Geschäftsführung des Verbandes am Sonnabend auf einem Festakt im Logenhaus an das Corps Masovia. Auf diese kleine, aus 12 jetzigen und 38 ehemaligen Studenten („Alten Herren“) bestehende Gruppe mit ihrem Vor-Ort-Sprecher Marc-Thorben Lerch, einem 29-jährigen Geschichtsstudenten, kommt damit ein gerüttelt Maß an Arbeit zu. Sie ist erst 2001 wieder erstanden und wählte die Potsdamer Universität als Standort. Ursprünglich war das Corps Masovia (Masuren) 1830 an der Uni Königsberg gegründet worden. Masovia wird die Verbindungen zwischen den KSCV-Corps knüpfen und den Austausch organisieren. „Damit werden wir das schöne Potsdam als touristisches Ziel unter der studentischen Jugend bekannt machen“, schätzt Lerch ein. Er hat aber auch gegen Vorbehalte zu kämpfen, die den „schlagenden Verbindungen“ entgegen gebracht werden. Der Sprecher betont, dass sich die Corps als studentische Interessenvertretungen verstehen, in denen über Generationsgrenzen hinweg eine lebenslange Freundschaft gepflegt werde. In ihnen herrsche der Geist der Liberalität und der Weltoffenheit. Im Gegensatz zu den historisch jüngeren Burschenschaften seien sie politisch und weltanschaulich neutral. So waren Karl Marx, Wilhelm Liebknecht, Kaiser WilhelmII. als Kronprinz oder Bismarck und auch Heinrich Heine Mitglied solcher Corps. Dass keine Frauen aufgenommen werden, die aber auf dem Festakt als Gäste vertreten und willkommen waren, begründet Lerch mit der Tradition der studentische Verbindungen, ebenso den Fechtunterricht, bei dem es aber keineswegs um den Schmiss in der Wange gehe, oder die berühmt-berüchtigten „Kneipabende“. Das Corps Masovia hat in Potsdam beste Bedingungen. Ihre betuchten „Alten Herren“ haben tief in die Tasche gegriffen und das Holländerhaus Kurfürstenstraße 17 gekauft, wo der Sitz der Verbindung eingerichtet wurde. Dort ist reichlich Platz für Traditionsraum, Kneipzimmer, Fechtboden und Büros. Soziale oder nationale Schranken gebe es für die Aufnahme in die Verbindung nicht, erklärt Lerch. Rechts- oder Linksradikale würden allerdings abgewiesen.Voraussetzung für eine Mitgliedschaft seien das Abitur und die Immatrikulation an der Universität. „Und ein anständiger Kerl muss er sein“, wirft ein „alter Herr“ ein. Den vollen Status als Aktiver erlangen die Mitglieder erst, nachdem sie ein Semester lang als „Fuchs“ ein Art Lehrzeit durchgemacht haben, in der sie auch das Fechten erlernen. Das Studentencorps steht mit der Universität im Einvernehmen. Deren Grußwort überbrachte Prof. Norbert Franz, Altdekan der Philosophischen Fakultät. Den musikalischen Teil des Festakts bestritten der Tenor Werner Marschall und das Brunner-Quartett der Komischen Oper Berlin. E. Hohenstein
E. Hohenstein
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