Aus dem GERICHTSSAAL: Crash vor Justitias Augen
Freispruch für Mitarbeiterin der Staatsanwaltschaft / Anklage hatte Geldstrafe gefordert
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Auf dem Parkplatz des Justizzentrums in der Jägerallee kam es am 12. Februar zu einem Unfall mit Blechschaden. Renata R.* (49), Mitarbeiterin der Staatsanwaltschaft, touchierte beim Einparken mit ihrem Hyundai einen Renault Twingo, kollidierte anschließend mit einem Volkswagen. Danach – so die Anklage – entfernte sich die Frau unerlaubt vom Ort des Geschehens. „Sie arbeiten im Justizzentrum. Es wäre ein Leichtes für Sie gewesen, an der Pforte Bescheid zu sagen, bevor Sie sich anderen Dingen widmen. Das war schon grob“, wetterte die Staatsanwältin und beantragte eine Geldstrafe von 1000 Euro.
Renata R. versicherte, sie wisse durchaus, wie man sich nach einem Unfall verhalten müsse. Doch sie sei nicht sicher gewesen, ob sie die Autos tatsächlich berührt habe. „Es war gegen 6.30 Uhr und noch stockdunkel um diese Jahreszeit. Ich sah keinen Schaden.“ Bepackt mit ihrem Laptop, einem Rucksack und wichtigen Papieren sei sie erst einmal ins Büro geeilt, um die Sachen abzustellen. „Danach wollte ich mich sofort bei den Wachleuten melden“, beteuerte die Angeklagte.
Amtsrichterin Reinhild Ahle setzte einen Ortstermin an. Das ging ganz leicht. Man brauchte nur aus dem Fenster des Verhandlungssaals zu schauen. Der betreffende Parkplatz liegt unmittelbar darunter. So erhielten alle Beteiligten einen plastischen Eindruck, wo Renata R. ihr Auto abstellen wollte, welche Schwierigkeiten sie hatte, in die enge Lücke zu gelangen, an welcher Stelle der Twingo und der VW standen. „Ich habe wirklich keinen Anstoß gehört“, betonte die Angeklagte.
„Ich wurde gegen 6.45 Uhr von einer Kollegin angerufen. Sie sagte, jemand sei gegen mein Auto gefahren“, erzählte Twingo-Besitzerin Bärbel B.* (52) im Zeugenstand. „Die Kollegin hatte sich das Kennzeichen der Unfallfahrerin notiert. Das habe ich dann von der Wachtmeisterei ausrufen lassen.“ Nach der ersten Durchsage sei niemand erschienen. Nach dem wiederholten Aufruf sei die Angeklagte aufgetaucht und habe versichert, nichts von einem Crash gemerkt zu haben. Den langen, tiefen Kratzer an ihrem Kleinwagen habe sie im Dunkeln nicht sofort gesehen, so die Zeugin. „Um zehn Uhr haben wir uns noch einmal getroffen und nachgeschaut.“
„Ich weiß nicht, was an diesem Tag mit mir los war“, bekannte Renata R. in ihrem letzten Wort. „Wahrscheinlich dachte ich, hier auf dem Parkplatz läuft mir keiner weg. Da kann ich meine Personalien immer noch bekannt geben.“ Richterin Ahle sprach die Angeklagte vom Vorwurf der Unfallflucht frei. Um sie zu verurteilen, sei es nötig, ihr nachzuweisen, „dass sie billigend in Kauf genommen habe, einen nicht unerheblichen Schaden verursacht zu haben“. Das sei nicht zu belegen. (*Namen geändert.) Hoga
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