Landeshauptstadt: „Da will man schließlich feiern“
31-fach Vorbestrafter muss erneut wegen Diebstahls in Haft
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31-fach Vorbestrafter muss erneut wegen Diebstahls in Haft AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein Lutz M. (38) erscheint in einem T-Shirt mit der Aufschrift „Mehr Bildung für Faschisten“ zum beschleunigten Verfahren. Seine Haare sind rosa gefärbt, die Ohren mit zahllosen Ringen geschmückt. Der Sozialhilfe-Empfänger genießt den Auftritt sichtlich. Man merkt, er bewegt sich auf sicherem Parkett. 3-mal musste sich der Arbeitslose bislang vor Justitia verantworten, meist wegen Diebstahls, aber auch wegen unbefugten Munitionsbesitzes, Nötigung, Hausfriedensbruchs, Trunkenheit im Verkehr sowie Sachbeschädigung. Geldstrafen fruchteten offenbar ebenso wenig wie Gefängnisaufenthalte. Der „Paradiesvogel“ saß insgesamt dreieinhalb Jahre hinter Gittern. Am 12. Dezember vorigen Jahres soll Lutz M. im „Kaufland“ wieder lange Finger gemacht habe. Objekt der Begierde: Vier Flaschen Nordhäuser Korn im Gesamtwert von 15 Euro. Der Mann steht zu seiner Tat. „Ich hatte kein Geld. Es war kurz vor Weihnachten. Da will man doch schließlich feiern“, meint er lapidar. „Tut mir leid, dass ich wieder geklaut habe“, schiebt er nach. Den Staatsanwalt kann der notorische Dieb damit allerdings nicht milder stimmen. „Bei Ihnen scheidet jede positive Prognose aus“, stellt er fest und beantragt, den gelegentlichen Erntehelfer zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, selbstverständlich ohne Bewährung, zu verurteilen. Sogar der Verteidiger fragt ratlos: „Was kann man bloß tun, um meinen Mandanten zu beeindrucken?“ Und hält eine „fühlbare Geldstrafe“ für ein probates Mittel. Damit beißt er bei der Richterin allerdings auf Granit. „Geldstrafen werden den Angeklagten mit Sicherheit nicht bessern. Es sei denn, man glaubt an Wunder“, betont sie. Das Urteil: Drei Monate Haft. Abes H. (30) aus Jordanien entwendete am 23. Mai 2003 aus der Vobis-Filiale des Sterncenters zwei Computerspiele für insgesamt 99,98 Euro. „Es war ein Fehler“, gibt er sich reumütig. Der Sozialhilfeempfänger sitzt ebenfalls nicht zum ersten Mal auf der Anklagebank. Zwischen 1992 und 2002 wurde er sechs mal wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchter und vollendeter räuberischer Erpressung in mehreren Fällen sowie Diebstahls verurteilt. 26 Monate verbrachte der Familienvater hinter „schwedischen Gardinen“. „Und das hat alles nichts genützt?“, wundert sich die Vorsitzende. „Wieso sind Sie schon wieder auf Klau-Tour gegangen?“ Er habe wenig Geld, versucht Abes H., sein Tun zu rechtfertigen. Selbstverständlich wisse er, dass man nicht stehlen darf. So etwas würde nun bestimmt nicht wieder vorkommen. Obwohl der Staatsanwalt den Mann vier Monate ins Gefängnis schicken will, hat das Gericht ein Einsehen. Es setzt die Strafe zu drei Jahren Bewährung aus.
Gabriele Hohenstein
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