
© Olaf Möldner
Von Thomas Gantz: Das Austoben ist passé
Die Volleyballerin Anika Zülow hat sich in der 1. Bundesliga innerhalb einiger Monaten noch einmal bemerkenswert weiterentwickelt
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Anika Zülow ist 21. Das sieht man, denn ihre Gesichtszüge sind jugendlich frisch und ihr Blick ist offen und interessiert an dem, was auf sie zukommt. Wer der Volleyballerin vom SC Potsdam jedoch zuhört, könnte durchaus den Eindruck gewinnen, eine durch und durch gestandene Spielerin vor sich zu haben, ohne dass sie auch nur in Ansätzen altklug wirken würde. Die Außenangreiferin des hiesigen Erstligisten, der heute Abend in der Meisterschaft das Allgäu Team Sonthofen erwartet (19 Uhr, Sporthalle Heinrich-Mann-Allee), verkörperte für ihren Heimatverein vor Jahren schon so etwas wie frühreife Klasse. Womit indirekt auch das Problem zusammenhängen mag, von den sie sagt, dass es sie innerlich lange beschäftigt hat: „Ich hatte in der zweiten Liga in den letzten beiden Jahren das Gefühl, mich sportlich nicht mehr sonderlich weiterentwickelt zu haben.“
Der Aufstieg und das gestiegene Trainingsaufkommen von mittlerweile knapp zwanzig Wochenstunden schafften da tiefgreifende Abhilfe. Die 1,74 Meter große Potsdamerin zählte in jedem der bislang in der 1. Bundesliga absolvierten elf Spiele zur SC-Anfangsformation. Ihre chronisch soliden Angriffsleistungen veredelte sich noch einmal mit sichtbaren Fortschritten im Annahmespiel. Mit Sicherheit in des Wortes reiner Bedeutung erfüllte sie ihren Job bislang zur Zufriedenheit ihrer Trainer Michael Merten und Volker Knedel, die der künftigen Industriekauffrau bescheinigen, noch längst nicht am Ende ihrer Möglichkeiten angekommen zu sein. „Sie ist sehr kampfstark“, sagt Merten und fügt an, dass Anika Zülow auch auf Grund sehr guter Antizipationsgabe so etwas wie ein Fallbeispiel dafür ist, wie weit es eine vergleichsweise kleinere Spielerin im Leistungsbereich des deutschen Frauen-Volleyballs bringen kann. Das pure Austoben am Netz wie zu Zweitligazeiten, als es ihr für eine erfolgreiche Aktion genügte, auf Grund ihres Sprungvermögens einfach hochzusteigen und den Ball punktbringend auf das gegnerische Spielfeld zu bringen, ist passé. Heute Abend gegen Sonthofen wäre dies ohnehin kein geeignetes Mittel. Es wird um Übersicht und Präzision gehen gegen eine Abwehr, die wieder einmal Größenvorteile haben wird. Anika Zülow mag solche Herausforderungen und hätte vor einigen Monaten kaum für möglich gehalten, dass ihr Verein zwei Spiele vor dem Ende der Meisterschafts-Hinrunde derart aussichtsreich wie jetzt dasteht.
Bei einem zu ermittelnden Absteiger käme ein Sieg gegen den Tabellenvorletzten zwar längst noch keiner Entscheidung über die weitere Klassenzugehörigkeit des SC Potsdam über die Premierensaison hinaus gleich. „Wir hätten allerdings gehörig Luft nach unten. Das wäre für die Lockerheit, die wir für unser Spiel brauchen, von großem Wert“, sagt die privat sehr umgängliche Spielerin, die nach den Begegnungen im Foyer der Potsdamer Halle immer für das interessierte Publikum ansprechbar ist. Die Art und Weise, wie sie dann über sich und ihren Sport redet, macht deutlich, dass sie sowohl das Zeug zur Identifikationsfigur wie auch zur künftigen Führungspersönlichkeit mitbringt. Anika Zülow ist eine, die weiß, was sie will und was sie kann.
Thomas Gantz
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