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Landeshauptstadt: „Das Auto fuhr wie von Geisterhand“ Alt-Potsdamer Günter Zwanzig über seine Stadt

Herr Zwanzig, Sie haben 19 ehemalige Potsdamer Schulkameraden, die zwischen 1942 und 1946 am früheren Viktoria-Gymnasium, dem heutigen Helmholtz-Gymnasium, eingeschult wurden, zum Klassentreffen eingeladen. Wie viele sind gekommen, schließlich ist das ja schon lange her?

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Herr Zwanzig, Sie haben 19 ehemalige Potsdamer Schulkameraden, die zwischen 1942 und 1946 am früheren Viktoria-Gymnasium, dem heutigen Helmholtz-Gymnasium, eingeschult wurden, zum Klassentreffen eingeladen. Wie viele sind gekommen, schließlich ist das ja schon lange her?

Mit den Ehefrauen waren es sogar rund dreißig Leute. Einige konnten leider nicht kommen. Immerhin zwölf sind mit ihren Gattinnen da. Ich bin zufrieden.

1948 haben Sie als 16-Jähriger Potsdam verlassen. Wann waren Sie das erste Mal wieder in der Stadt? Was war Ihr erster Eindruck?

Gleich im März 1990. Ich habe sofort alles wiedererkannt. Mein Auto ist quasi von Geisterhand gefahren, so sehr war die Stadt noch in meinem Kopf. Allerdings war damals alles grau in grau und wegen der starken Bombardements am Ende des Zweiten Weltkriegs war ohnehin vieles nicht mehr so wie in meiner frühen Kindheit. Auf der Brandenburger Straße gab es aber immer noch das Blumengeschäft Freiberg. Von dort kamen immer die Blumen, die meine Mutter, eine Opernsängerin, damals immer nach ihren Konzerten bekam.

In Ihre Schulzeit fällt auch das schwere Bombardement vom 14. April 1945, bei dem Ihr Vetter starb. Haben Sie trotzdem auch noch schöne Erinnerungen an Potsdam?

Ja, als meine Mutter 1942 als Solistin mit Paul Lincke als Dirigent im Konzerthaus auftrat. Und natürlich, dass hier meine ganze Familie mütterlicherseits lebte.

Sie leben heute im mittelfränkischen Erlangen. Wie sehr verfolgen Sie noch das Geschehen in Potsdam?

Sehr, ich habe ein Abonnement der Potsdamer Neuesten Nachrichten. In Potsdam gibt es eine tolle Streitkultur und bis jetzt ist ja auch immer etwas Vernünftiges dabei herausgekommen. Beispiel Theater, Beispiel Landtagsschloss. Doktor Scharfenberg von den Linken hat mich erst Dienstag herumgeführt.

Eine ungewöhnliche Liaison. Sie sind schließlich in der SPD, Sie hätten ja auch einen SPD-Genossen fragen können.

Wir haben uns einfach irgendwann mal kennengelernt und Spaß aneinander gefunden. Ich bin sehr für politische Kultur.

Den Einsturz des Turms der Garnisonkirche haben Sie als Junge 1945 miterlebt. Jetzt wird über den Wiederaufbau heftig diskutiert. Was ist Ihre Meinung?

Die Frage ist, was war die ursprüngliche Idee von Potsdam? Jede Stadt hat eine Identität und die Garnisonkirche ist ein Teil davon. Zöge dort ein Institut zur Konfliktbewältigung ein, würde das Potsdam gut zu Gesicht stehen.

Mehr als 20 Jahre waren Sie Bürgermeister im mittelfränkischen Weißenburg. Was macht einen guten Bürgermeister aus?

Der Oberbürgermeister muss der oberste Stadtplaner sein. Dafür braucht man aber die notwendigen Kenntnisse der Stadtgeschichte, der Baugeschichte und der Baukunst. Die Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung führt mich immer noch als Ehrenmitglied und ich nehme etwa alle zwei Monate an den Treffen teil. Das muss nicht jeder machen.

Das Interview führte Matthias Matern

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