Von Michael Meyer: Das Babelsberger Phänomen
Durch ein 1:0 daheim gegen Hannover bleibt der SVB Regionalliga-Spitzenreiter
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Der Held des Tages wirkte angefressen. „Ich habe keine Lust, etwas zu sagen“ – mehr kam am Samstag beim Gang in die Kabine nicht über die Lippen Sven Hartwigs, nachdem er Minuten zuvor den SV Babelsberg 03 zum 1:0 (0:0)-Heimsieg über Hannover 96 II geköpft hatte. Mit dem neunten Sieg in Folge behauptete der SVB die Tabellenspitze in der Fußball-Regionalliga Nord. Und festigte den in den vergangenen Wochen entstandenen Mythos vom Babelsberger Phänomen. Das geht so: Wenn du denkst, es geht nichts mehr, kommt ein Nulldrei-Torschütze daher. Daheim gegen Türkiyemspor sicherte Hartwig in der Nachspielzeit den 3:2-Sieg, in Rostock erlöste Ümit Ergirdi den SVB in der 90. mit dem 2:0, gegen Plauen war Daniel Frahn in der Schlussminute zum 1:0-Sieg zur Stelle „Es gehört hier ja schon zum festen Programm, in der 90. Minute den Siegtreffer zu erzielen“, meinte Hannovers Coach Thomas Flath.
Frahn, der zuletzt in Lübeck Gelb-Rot gesehen hatte, und der verletzte Ergirdi fehlten vorgestern. Daher hatte Hartwig gehofft, erstmals in dieser Saison von Anfang an spielen zu dürfen, nachdem er bisher nur sechsmal eingewechselt worden war. Doch Cheftrainer Dietmar Demuth entschied sich vorm Anpfiff anders. „Aus dem Bauch heraus“, wie er später erklärte, gab Demuth Patrick Moritz den Vorzug. Hartwig durfte erst nach über einer Stunde Spielzeit mit auf den Rasen und war – als in der 90. Minute Anton Müller einen 20-Meter-Freistoß vor Hannovers Tor schlenzte – mit dem Kopf zum Siegtor zur Stelle.
Bis dahin hatte nichts mehr auf einen Babelsberger Erfolg hingedeutet. In Halbzeit eins hatten sich die Platzherren einige hochkarätige Chancen erarbeitet, die Torwart Florian Fromlowitz aus Hannovers Bundesliga- Kader aber zunichte machte. Mit der Erfahrung von 28 Erstliga-Einsätzen war der 23-Jährige noch zur Stelle, als Anton Müller nach einer Moritz-Flanke von rechts aus Nahdistanz köpfte (29.) und als der Ball nach Nicolas Hebischs Schuss an den linken Pfosten schon ins Tor zu rollen schien (42.).
Nach dem Seitenwechsel hatte der SVB Glück, als Florian Büchler am aufmerksamen Nulldrei-Schlussmann Marian Unger scheiterte (53.), Stephan Kwasi Boachi nach einem Eckball unbedrängt knapp am linken Pfosten vorbeiköpfte (65.) und Lindners Schuss am Unger-Kasten vorbeirauschte (84.). Auf der Gegenseite ging nach der Pause die größte Gefahr von Distanzschüssen Julian Prochnows (78.) und Denis Weidlichs (86.) aus – ehe sich Anton Müller das Leder zu besagtem Freistoß zurechtlegte. „Man guckt dann schon, wohin der Ball soll und wer im Raum steht“, erzählte der Mittelfeldmann später. „Das klappte, denn der Ball sollte zu Jimmy kommen.“
Dass Sven „Jimmy“ Hartwig trotz seines zweiten Saisontors angefressen wirkte, wunderte seinen Trainer nicht. „Natürlich hatte Jimmy auf seinen Einsatz von Anfang an gehofft – wie aber auch Moritz, Kilicaslan, Kutschke und andere Spieler“, meinte Demuth. „Über seine Trotzreaktion habe ich mich gefreut. Man hat so gesehen, dass wir eine starke Bank brauchen.“
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