Landeshauptstadt: Das Ende des „Glockenspiels“
Selbstauflösung der Traditionsgemeinschaft / Keine Spendengelder für Garnisonkirche
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Selbstauflösung der Traditionsgemeinschaft / Keine Spendengelder für Garnisonkirche Die 1984 in Iserlohn gegründete Traditionsgemeinschaft „Potsdamer Glockenspiel" (TPG), die sich den Wiederaufbau der Garnisonkirche zum Ziel gesetzt hatte, besteht nicht mehr. Am Sonnabend fasste die im Hotel Mercure tagende Mitgliederversammlung einen Beschluss zur Selbstauflösung. Er war vom Vorstand eingebracht worden, da das Vereinsziel nicht mehr erreichbar sei. Es bestand in der originalgetreuen Rekonstruktion des Äußeren und der Nutzung des Neubaus ausschließlich als Gotteshaus. Politik müsse herausgehalten werden. Das Konzept der Evangelischen Kirche, das auch ein Internationales Versöhnungszentrum vorsieht, bedeute jedoch eine vorrangige Nutzung als politisch-historische Bildungsstätte. Dies sei mit dem Vereinsziel unvereinbar. Die Jahresversammlung hatte zuvor den Ausschluss von fünf Mitgliedern bestätigt. Zu ihnen zählten der prominente Architekt Rüdiger Patzschke, Erbauer des neuen Berliner „Adlon“, und die beiden früheren Potsdamer Standortältesten der Bundeswehr, Oberst a. D. Burkhart Franck und Oberst a. D. Klaus Gottschalk. Ihnen wurde zur Last gelegt, dass sie gleichzeitig Mitglieder der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche (FWG) sind, die das Versöhnungszentrum bejaht. Die Ausschlüsse erleichterten dem Vorstand, für seine Anträge die notwendigen Mehrheiten zu sichern. Dazu zählt auch die Klärung, was mit den mehr als 6,5 Millionen Euro Spendengeldern geschieht. Dafür hatte der Vorstand zuvor ein Votum der Spender seit 1991 eingeholt. Der Versandhausunternehmer Prof. Werner Otto will die von seiner Stiftung zugesagten 1,5 Millionen unbeirrt dem Wiederaufbau zugute kommen lassen und sie dazu der FWG zur Verfügung stellen. Außer ihm entschieden sich aber nur 0,56 Prozent der Spender, die weniger als 10 000 Euro repräsentieren, für diesen Schritt. Der bisherige Vorsitzende des aufgelösten Vereins, Oberstleutnant a. D. Max Klaar, und Schatzmeister Siegfried Schmidt wurden als Liquidatoren eingesetzt und beauftragt, das verbleibende Vermögen von mehr als fünf Millionen Euro in eine Stiftung Preußisches Kulturerbe zu überführen. Dort soll es als „Projektrücklage" eingestellt werden, die nur dann für die Garnisonkirche verwendet werden darf, wenn die Evangelische Kirche ihr Konzept entsprechend den Forderungen des aufgelösten Vereins ändert. Sofern dies nicht geschieht, und damit ist ja keinesfalls zu rechnen, sei „die Projektrücklage aufzulösen und der eingestellte Betrag für gemeinnützige Zwecke der Stiftung Preußisches Kulturerbe zeitnah zu verwenden". Damit wäre die Summe endgültig für den Wiederaufbau der Garnisonkirche verloren, wofür es gesammelt worden war. Kritiker befürchten, dass Klaar dann weitgehend allein entscheidet, welche Projekte mit den Geldern finanziert werden. Der am Sonnabend ebenfalls ausgeschlossene Markus Wilhelmy, Vorsitzender des Potsdamer Vereins „300 Jahre Preußen", will die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse prüfen lassen. Klaar regte die Vereinsmitglieder an, ihre Arbeit in einem Förderkreis der Stiftung Preußisches Kulturerbe fortzusetzen. Die dort gesammelten Spenden sollten u.a. der Restaurierung der Engel auf den Seitentürmen von St. Nikolai und neuen Glocken für die katholische Kirche am Bassinplatz zugute kommen.
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