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Landeshauptstadt: Das „Fass“ als „Pferdestall“

Eine Frau als Rossschlächtermeisterin

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Mit hohem Aufwand hat die Gastwirtsfamilie Denkewitz die Rokokofassade des 1781 von Unger errichteten Bürgerpalais Charlottenstraße 22 originalgetreu restaurieren lassen. Nunmehr wurden auch die Gasträume ihrer Gaststätte „Zum Fass“ im Inneren neu gestaltet. Mit Bretterdecken und vorgeblendeten Balken sollen sie den Eindruck eines Pferdestalls erwecken. Die heutige Wirtin, die Denkewitz-Tochter Mareike Metz, möchte damit an die Familientradition erinnern.

Bereits vor dem Krieg befand sich hier eine Rossschlächterei, die dann 1945 von Mareikes Großvater Richard Denkewitz erworben wurde. Außerdem richtete seine Frau Liselotte 1963 an der Ecke Hermann-Elflein- und Brandenburger Straße ein Lokal ein, in dem Gerichte aus Pferdefleisch angeboten wurden. Es musste jedoch der 1975 begonnenen Generalreparatur der Potsdamer Einkaufsstraße weichen und wurde 1977 in der ehemaligen Schlächterei neu eröffnet. In zweiter Generation führten Burkhard und Karin Denkewitz das Lokal bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand weiter.

Auch unter ihrer Tochter Mareike besteht ein großer Teil der Speisekarte aus Pferdefleischgerichten. Nach wie vor ist das „Fass“ mit seiner bodenständigen Küche Stammlokal für Potsdamer aus der Innenstadt. Viele Handwerker und Bauleute nutzen das Frühstücks- und Mittagsangebot. Dafür steht ihnen seit einigen Jahren im Hof auch ein Biergarten zur Verfügung. Die Stammgäste haben darauf bestanden, dass bei der Neugestaltung wesentliche Teile der Innendekoration erhalten bleiben. Dazu zählen das alte Fass, das dem Lokal den Namen gibt, ein großer Pferdekopf und zahlreiche Ansichten zur preußischen und zur Stadtgeschichte. Der Stammtisch wird mit einer Eckbank ausgestattet.

Die Wirtin möchte aber auch einen neuen Blickfang schaffen. In einem alten „Rückbuffet“ wird sie die Meisterbriefe ihrer Vorfahren ausstellen. Einer davon besitzt Seltenheitswert: Um nach dem Tod ihres Mannes den Handwerksbetrieb weiterführen zu können, hatte sich Liselotte Denkewitz dem Meisterkurs zur Rossschlächterin gestellt - mit allen Härten, nur das eigenhändige Schlachten eines Pferdes wurde ihr erlassen. Mareikes Großmutter ist bis heute die einzige Frau geblieben, die in diesem Männerhandwerk den Meisterbrief erwarb. E. Hoh

E. Hoh

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