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Von Michael Klug: Das ganze Dorf ist auf den Beinen
In den Spreewalddörfern Werben und Burg begann das Zapust als regionale Variante des Karnevals
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Werben/Burg - Gegen die klirrende Kälte haben die Sorben in der Niederlausitz ein einfaches Rezept. „Ständig Tanzen, viel Lachen und zwischendurch einen Schnaps“, sagt Madeline Koalick aus dem Dorf Werben im Spreewald. Dabei dreht sie sich im traditionell farbenfrohen Gewand der sorbischen Frauen und zusammen mit 20 anderen Tanzpärchen in Trachten durch das Schneegestöber auf dem Dorfplatz.
Die 19-Jährige und ihre Jugendgesellschaft feiert derzeit Zapust, die sorbische Variante des Karnevals. Dazu ist das ganze Dorf auf den Beinen, trotz der winterlichen Kälte. „Im Sommer wird gearbeitet, im Winter gefeiert. Das ist nun mal so. Außerdem macht das so viel Spaß, da merkt man die Kälte gar nicht“, sagt Koalick. Nicht nur im Dorf Werben herrscht derzeit beschwingtes Treiben. In über 50 sorbischen Dörfern Südbrandenburgs ziehen unverheiratete junge Leute bei der Jugendfastnacht in prachtvollen Trachten durch ihre Ortschaften. Sie statten verdienstvollen Dorfbewohnern wie Bürgermeister, Pfarrer sowie dem Bäcker und Fleischermeister Ehrenbesuche ab.
Den traditionellen Auftakt des Zapust machte bereits am Samstag das Spreewald-Dorf Burg. Dort fanden sich sogar 42 Paare zum Tanz und Umzug ein. „Nachdem viele Alte gestorben sind und es einen zwischenzeitlichen Knick gab, hat die Jugend die Tradition in den letzten Jahren wieder für sich entdeckt“, sagt Christa Dziumbla, Trachtenstickerin und Mitorganisatorin aus Burg über das gestiegene Interesse der sorbischen Jugend an der Brauchtumspflege.
Besonders stolz ist Dziumbla dabei, dass die Jugend größten Wert auf Originalität bei der Tracht mit den aufwendig und kunstvoll bestickten Hauben aus Satin und Batist sowie bei der Stickschürze legt. „Manche haben die Ausstattung geerbt. Andere sind in Handarbeiten begabt und machen sich die Kleider selbst. Viele, die beides nicht haben, lassen sich die Tracht von mir anfertigen“, sagt Dziumbla. Ganz billig ist die Ausstattung nicht, bis zu 1500 Euro kostet eine komplett handgefertigte Montur.
Im Wesentlichen besteht Zapust aus drei Teilen. Beim sogenannten Zampern am Vortag der Jugendfastnacht ziehen verkleidete Kinder und Jugendliche mit Lärm und Gesang durch die Straßen ihrer Dörfer und bitten um Eier, Speck und Geld. Als Dank für die Gaben wird die Hausfrau zum Tanz aufgefordert, und der Hausherr erhält einen Schnaps. Das Essbare wird anschließend gemeinsam verzehrt.
Bei der Jugendfastnacht selbst werden von dem gesammelten Geld der abendliche Tanz und die Musikkapelle bezahlt. Den Abschluss bildet schließlich die Männerfastnacht Ende Februar, bei der sich Verheiratete zum Tanz treffen. Von den 60 000 Sorben, die in Sachsen und Brandenburg leben, beteiligen sich in der Lausitz insgesamt rund 1500 Trachtenpaare an Umzügen. Offiziell endet die Fastnacht am 21. Februar, in einigen Dörfern wird noch bis Mitte März gefeiert.
Michael Klug
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