Landeshauptstadt: Das Geschäft mit den Schlaglöchern
Der Berliner Bezirk Mitte lässt Straßenschäden von einem Sponsor zahlen. Ein Thüringer Dorf verkaufte Schlaglöcher gegen Werbefläche
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In Potsdam hat es ein solches Modell bisher noch nicht gegeben – und ist laut Stadtsprecher Markus Klier auch nicht geplant: Der Berliner Bezirk Mitte lässt die Reparatur seiner Schlaglöcher jetzt von einer Autoversicherung bezahlen. Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) stellte das Projekt in der vergangenen Woche vor. Weil die Chancen darauf, dass der Bezirk die für die Straßensanierung notwendigen 50 Millionen Euro auch nur annähernd zusammenbekomme, so gering sind, habe der Bezirk das Angebot der Versicherung angenommen. Sie übernimmt die Reparatur von 80 Schlaglöchern für jeweils gut 100 Euro. Repariert wird mit Guss- statt Kaltasphalt, das hält länger. Eine solche Zusammenarbeit habe es bisher nicht gegeben, sagt Spallek. Der Bezirk selbst hat seit Jahresbeginn schon 155 000 Euro für Straßenreparaturen ausgegeben und rechnet mindestens mit weiteren 170 000 Euro.
Ist das nun ein neuer Trend? Andere Berliner Bezirke wollen sich jedenfalls nicht anschließen, etwa Charlottenburg-Wilmersdorf. Dort hofft das Bezirksamt auf 2,5 Millionen Euro aus dem Sonderprogramm zur Straßensanierung. In Berlin-Lichtenberg hält man die Aktion in Mitte für einen Werbegag. „80 Schlaglöcher bieten Arbeit für einen halben Tag“, sagt Baustadtrat Wilfried Nünthel (CDU). „Wir halten es da eher mit der klassischen Methode: Loch wird gemeldet, Firma wird beauftragt, Loch wird geschlossen.“ Der Bezirk habe eine Rahmenvereinbarung, in der festgelegt sei, dass die beauftragte Firma ein gemeldetes Schlagloch binnen sechs Stunden schließen muss. Allerdings mit Kaltasphalt, was schnell geht, aber oft nicht lange hält. Dafür kostet es pro Loch auch nur etwa fünf bis sechs Euro. Das Problem namens Flickwerk haben alle Bezirke. Die schnelle Flickerei sei „reine Gefahrenabwehr“, sagt Nünthel. Wünschenswert sei eine richtige Straßensanierung, danach sei dann auch mindestens zehn Jahre Ruhe.
Wie man seine Schlaglöcher mit privatem Geld repariert und dabei noch berühmt wird, hat das thüringische Dorf Niederzimmern vorgemacht. Die 1000- Einwohner-Gemeinde, gelegen zwischen Erfurt und Weimar, verkaufte im April 2010 ihre Schlaglöcher zum Stückpreis von 50 Euro. Dafür bekam der Käufer nicht nur die Reparatur des Straßenbelags, sondern konnte auch eine Plakette gestalten. „Teer muss her!“ hieß die Aktion, über die weltweit berichtet wurde. Sogar die Deutschland-Redaktion einer japanischen Zeitung kaufte ein Schlagloch und verewigte sich auf der Plakette. Ein Golfer feierte sein erstes Hole in One. Fast 200 Plaketten sind auf einer Granitplatte am Ortseingang angebracht, zu sehen auch auf der Gemeindewebsite. Fatina Keilani
Fatina Keilani
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