Landeshauptstadt: Das Glückskind vom Aschermittwoch
Margarethe Neckel aus Golm feiert heute ihren 90. Geburtstag
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Margarethe Neckel aus Golm feiert heute ihren 90. Geburtstag LEUTE IN POTSDAM Sie ist an einem Aschermittwoch geboren, und am heutigen Aschermittwoch wird sie 90 Jahre alt: Margarethe Neckel aus der Geiselbergstraße in Golm. „Meine Tante hat mir erzählt, sie sei gleich als ich auf der Welt war mit dem Aschebesen gekommen“, erzählt Oma Neckel, wie sie in Golm alle nennen. Und das bringt Glück. Denn Margarethe Neckel war in ihrem Leben selten krank, bis zum Tode ihres Mannes 37 Jahre lang glücklich verheiratet, hat erst mit knapp 77 Jahren mit ihrer Arbeit aufgehört und ist heute noch mehr auf Draht als mancher, der halb so alt ist wie sie. Vor vier Jahren habe sie sich einen Leistenbruch zugezogen, erzählt sie. Sie besuchte gerade die Familie ihrer Tochter in Schwarzenberg im Erzgebirge. Und dann im Krankenhaus kam gleich die Frage: „Was ist ihr Geheimnis, in Ihrem Alter so fit zu sein?“ Die Antwort war gar nicht geheimnisvoll: „Meine Arbeit hat mich jung gehalten.“ Sie hat in der Havellandkaserne für die Versorgung der Wehrpflichtigen und Berufssoldaten gesorgt. Dazu gehörte auch der täglich Weg zur Arbeit von insgesamt drei Kilometern hin und zurück, den sie immer zu Fuß zurück legte. Und natürlich halten sie auch der große Garten und die Hühner auf Trab. In ihrem Haus lebt sie allein, seit ihr Mann vor 25 Jahren gestorben ist. Eine Nachbarin kommt vorbei, um im Haushalt zu helfen, für die Einkäufe nimmt sie ihr ehemaliger Chef regelmäßig mit zum Supermarkt. „Das Haus hat meine Mutter 1902 gekauft, das war damals in einem erbärmlichen Zustand“, erzählt sie. Auf einem alten Foto ist zu erkennen: Das Gebäude aus dem Jahre 1754 hatte sich in den 150 Jahren bis dahin kaum verändert, nur das Strohdach wies bereits große Löcher auf. Doch davon merkte die kleine Margarethe wenig. Sie wuchs am Fuße des Golmer Rutschbergs, wie damals noch der Reiherberg von den Berliner Ausflüglern genannt wurde, auf. Der Berg war lange Zeit nur wenig bewachsen, erinnert sie sich. „Da sind doch die Verrückten immer auf ihren Brettern runtergerutscht.“ Und auch die Kavallerie ritt über den Berg. Heute ist der Reiherberg stark bewaldet, „der ist aber erst nach dem Krieg zugewachsen“, sagt sie. Die Arbeit in der Havellandkaserne nahm sie 1960 auf. Aus der vorübergehenden Arbeit in der Versorgungseinheit wurden 31 Jahre. Und sie hat der Arbeit in der Kaserne eigentlich auch ihr Leben zu verdanken: Vor 30 Jahre wurde bei ihr ein Tumor in der Brust diagnostiziert. Die Einweisung in ein Potsdamer Krankenhaus hätte drei Wochen gedauert. Das konnte die Ärztin auf der Sanitätsstation nicht ganz verstehen. „Du musst sofort operiert werden“, habe sie ihr erklärt. Am nächsten Morgen brachte sie der Krankentransport nach Bad Saarow ins zentrale Armeelazarett der NVA, die Operation geschah rechtzeitig, es gab keine Komplikationen. „Vielleicht war ich als Aschermittwochskind doch ein Glückskind?“ Zur Havellandkaserne hat sie eine besondere Beziehung. „Ich wurde zu Kriegsbeginn dienstverpflichtet und musste dort arbeiten. Ein Glück für mich, da habe ich meinen Mann kennen gelernt.“ Im September 1942 heirateten beide. „Auch wenn Krieg war, das war die schönste Zeit in meinem Leben.“ Ihr Mann stammte aus Mecklenburg und leistete in der Kaserne seinen Wehrdienst ab. Bald zog auch er an die Ostfront. Im Frühjahr 1945 kämpfte er an der Westfront, kam in französische Kriegsgefangenschaft und überlebte dadurch. „Aus Russland sind da ja nicht viele zurück gekommen. Meiner war 23. August 1947 wieder zu Hause, ich war überglücklich.“ Winfried Gutzeit
Winfried Gutzeit
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