zum Hauptinhalt
Bornimer Stifterbibel. Im Jahre 1903 wurde sie von Kaiserin Auguste Victoria gestiftet und signiert.

© Michael Hanschke

Landeshauptstadt: Das größte Dorf der Mark

Bornim feiert sein 725-jähriges Jubiläum – fast hätten sie es verpasst

Stand:

Das mit der Seidenraupenzucht hatte in Bornim nie so richtig funktioniert. Auch das Lustschloss wurde ihnen genommen und die Pferdeomnibusse eingestellt. Im Fußball spielten sie mal in der ersten Reihe – ein Jahr lang – aber das war lange nachdem sich preußische Könige und Architekten in dem Potsdamer Dorf die Klinke in die Hand gaben. Trotzdem blieben sich die Bornimer treu: Heute noch fegen sie ihre Straßen und sammeln, wenn es anders nicht geht, Geld für eine Fußgängerampel. Soviel Mühe wird jetzt auch mal mit Glück belohnt.

Bornim – Potsdams Dorfgemeinschaft mit Eigenleben, so Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) – begeht in diesem Jahr sein 725-jähriges Jubiläum. Dabei können sich die 3000 Bornimer bei ihrem Nachbarn Bernd Herold und einem glücklichen Zufall bedanken, dass überhaupt am 10. September gefeiert wird.

In seiner Freizeit hatte sich der 67-jährige Bornimer auf die Suche nach historischen Dokumenten zur Entwicklung des Agrarwissenschaftlichen Standorts in Bornim gemacht. Dabei fiel ihm im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem eine markgräfliche Urkunde in die Hand. Auf dem Blatt Papier wird Bornim und seine Kirche erwähnt. Die Urkunde stammt aus dem Jahr 1286 und ist damit die bislang älteste offizielle Erwähnung Bornims, damals eines der größten Dörfer in der Mark Brandenburg, erklärt Herold. „725 Jahre, da dachte ich nanu, das passt ja irgendwie.“ Gerade fünf Monate ist das her, beinahe hätten die Bornimer ihren ungeahnten Geburtstag also verschlafen, sagt Herold.

Bislang wurde die Geburtsstunde des Dorfes auf 1264 datiert – „aber sicher war das nie“, sagt Herold. Nun gehen die Bornimer auf Nummer sicher: Seit 1286 befand sich das Dorf im Besitz des Spandauer Marienklosters, so ist es beurkundet. Erst später wird Bornim auch im Landbuch von Kaiser Karl IV. genannt. Der eigentliche Dorfkern lag damals im Bereich der heutigen Rückertstraße. Ab 1657 begann Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg mit dem Ankauf der Bornimer Güter. Er ließ sich einen Lustgarten anlegen und ab 1673 ein barockes Lustschloss. Die Thronfolger jedoch interessierten sich nicht dafür. 1756 wurde es abgerissen, das Gelände durch Friedrich II. als Platz für Militärmanöver genutzt.

Später, im 19. Jahrhundert, machte das Dorf mit einem ehrgeizigen Projekt von sich reden: Über 60 000 Maulbeerbäume wurden zur Seidenproduktion gepflanzt. Dem kaukasischen Züchter gelang es aber nicht, Seidenraupen zu ziehen. Wohl zur bekanntesten Sehenswürdigkeit hat sich indes der 1912 angelegte Garten des berühmten Staudenzüchters Karl Foerster entwickelt – der entstand nachdem die Bornimer Pferdeomnibusse abgelöst wurden. 1935 wird Bornim eingemeindet, samt der angesiedelten „Preußischen Versuchs- und Forschungsanstalt für Landarbeit“. Das heutige „Leibnitz-Institut für Agrartechnik“ zählt zu den größten Arbeitgebern im Ort. Nachzulesen ist das in Herolds Broschüre „Bornimer Geschichte(n)“. Sie wird wie der „Bornimer Bilderbogen“ auf dem Jubiläumsfest am 10. September erhältlich sein. Groß und Klein sind ab 14 Uhr eingeladen, sich von der „Alten Wache“ und dem Shanty-Chor der Wasserschutzpolizei unterhalten zu lassen. Die Cheerleader „Diabolos“ und die Hiphoper „Leftfootrokkaz“ werden tanzen, es gibt Kinderspiele, Kuchenbasar, Hubschrauberflüge und ein Feuerwerk. Am Abend wird in der Club-Gaststätte der SG Bornim getanzt. Deren Fußballer spielten 1995 in der Oberliga als klassenhöchster Verein der Stadt, aber nur ein Jahr, auch das ist Bornimer Geschichte. Tobias Reichelt

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })