HEYES Woche: das junge Potsdam geht dabei baden
Ein Ruhmesblatt ist es nicht, was sich Potsdam anheften könnte, wenn die Rede auf Sportstätten kommt. Es sind nur semantische Turnübungen, wenn die Stadtwerke von der „Bäderlandschaft“ erzählen.
Stand:
Ein Ruhmesblatt ist es nicht, was sich Potsdam anheften könnte, wenn die Rede auf Sportstätten kommt. Es sind nur semantische Turnübungen, wenn die Stadtwerke von der „Bäderlandschaft“ erzählen. Diese Bäderlandschaft besteht derzeit aus dem Kiezbad am Stern, das allein natürlich nicht den Bedarf der Landeshauptstadt decken kann. Der Zustand des in die Jahre gekommenen Hallenbads auf dem Brauhausberg war so desolat, dass es lieber abgerissen werden und einem neuen Schwimm- und Spaßbad weichen sollte. Daraus wurde bekanntlich nichts, und nun wird es minimalistisch renoviert. Tatsächlich verfügt Potsdam über eine üppige Badelandschaft; die hat es allerdings der Havel zu danken, die für die Seen und damit für Lebensqualität sorgt. Die Stadtwerke braucht es dafür nicht unbedingt. Im Winter sind Havelseen allerdings nur für Enten und Eisbären zum Schwimmen geeignet. Und so muss die Mehrzahl der Kinder auf den Sommer warten; schwimmen lernen sie so nicht in „Deutschlands kinderfreundlichster Stadt“. Auch Turn- und Sporthallen sind knapp. Kürzlich mussten in Babelsberg zwei fußballbegeisterte Trainer, die Kita-Zwergen das Ballspiel nahe bringen, die Kickerstunde nach draußen verlegen: Ihnen wurde die Halle gekündigt. Andere haben Vorrang. Klar. Aber ohne eine ausreichende Zahl an Sportstätten können Kinder nicht an den Sport herangeführt werden – und nicht ans Schwimmen. Eigentlich eine Grundfertigkeit, die jedes Kind beherrschen sollte. Doch es werden immer weniger. Dafür aber steigt die Zahl der fettleibigen Kinder, und wir lernen, dass schon 12-Jährige an Altersdiabetes leiden, die sie sich mit Popcorn, Fastfood und Zuckergetränken vor der Glotze anfuttern. Dass Brandenburgs Kindertagesstätten von allen Bundesländern die schlechteste Personal-Ausstattung haben, macht die Sache auch nicht besser. Das ist umso verwunderlicher in einer Zeit einer alternden Gesellschaft, in der es immer weniger Kinder gibt. Und in der wir uns eigentlich besonders engagiert um den verbleibenden Nachwuchs kümmern sollten. Die unendliche Geschichte eines dringend gebrauchten neuen Jugendhauses, die im Rat der Stadt mit dem rabiat erzwungenen Zutritt linksalternativer Jugendlicher eskalierte, passt ebenso ins Bild. Statt alles daran zu setzen, das junge Potsdam einzubeziehen, gibt es taktische Geplänkel zu besichtigen und falsche Vergleiche zu hören. Nein, faschistisch war der Protest nicht. Antidemokratisch schon, und das sollte vor allem die Partei selbstkritisch einsehen, denen diese Jugendlichen nahe zu stehen scheinen.
Uwe-Karsten Heye schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor war Redenschreiber bei Willy Brandt und Regierungssprecher von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder.
Uwe-Karsten Heye
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: