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Landeshauptstadt: „Das macht es aus, dieser Ölgeruch, dieser Benzingeruch!“

Der Inhaber der Garage Du Pont in der Berliner Vorstadt, Kai Desinger, über die Liebe zu alten Automobilen und die Garagen-Rallye am Sonntag, eine beschauliche Ausfahrt ganz unterschiedlicher Oldtimer sowie eines ultramodernen Autos

Stand:

Herr Desinger, was finden Sie an alten Autos – kein Klima, kein Navi, vielleicht nicht mal elektrische Fensterheber ...?

Ja, genau das ist es aber. Automobile sprachen früher Emotionen an. Heute versuchen die Hersteller das zwar auch noch – aber es gelingt nicht mehr so richtig. Die Motoren hört man kaum noch. Wenn dann die Elektroautos kommen, wird man des letzen Spaßes beraubt. Es geht mir mit dem Automobil darum, auch wieder das Kind im Manne zu wecken. Jeder weiß noch, wie es als kleiner Junge war, mit Autos zu spielen... Die Liebe zu alten Autos ist halt ...

... ein Hang zur Nostalgie?

Natürlich ist es Nostalgie. Jeder weiß, dass es nicht mehr zeitgemäß ist, mit alten Autos unterwegs zu sein, die mehr als zehn Liter verbrauchen und etwas mehr riechen als moderne Autos. Aber das macht es eben aus, dieser Ölgeruch, dieser Benzingeruch!

Welches ist Ihr Traumauto?

Das ist jahreszeitabhängig. Im Sommer habe ich natürlich immer ein Faible für Cabrios. Allgemein hege ich eine Liebe für französische Automarken – Citroën, die alten DS-Modelle, manch einer kennt sie noch aus den Fantomas-Filmen.

Ich fahre auch einen älteren Citroën – wenn er fährt.

Das waren früher noch richtige Autos, die technologisch ganz weit vorn waren. Der DS hatte 1968 nicht nur hydropneumatische Federung, sondern Zusatzscheinwerfer, die in den Kurven mitlenkten. Heute preisen Hersteller das als moderne Innovation an.

Muss man eigentlich reich sein, um seine Oldtimer-Liebe leben zu können?

Reich nicht. Ein bisschen Kleingeld hilft natürlich immer. Ich habe meinen ersten Oldtimer – zum Leidwesen meines Vaters – mit 18 Jahren gekauft, einen alten DS, der damals 2000 Mark gekostet hat. Damals nach dem Abitur war ich alles andere als reich. Es gibt viele tolle Autos – ob es eine Ente oder ein Käfer ist – die man schon für wenige Tausend Euro bekommen kann. Auch mit diesen Autos kann man jede Menge Spaß haben. Wenn man nicht gerade Exoten kauft, kann man auch die Unterhaltskosten moderat bestreiten.

Es müssen ja nicht zwölf Zylinder sein ...

Genau. Es muss nicht gleich ein Rolls-Royce Corniche sein, kein Ferrari 250 GT Lusso für 1,5 Millionen. Das sind Exoten, das ist eine andere Liga, aber das gibt es ja in allen Dingen.

Die Isetta, ist sie vielleicht ein schöner Einstiegs-Oldtimer?

Nein, nein, die Isetta ist schon sehr gefragt, sie erreicht Preise, die bei bis zu 30 000 Euro liegen. Aber von den Youngtimern, die bald Oldtimer werden, gibt es Fahrzeuge, die noch sehr erschwinglich sind und ein großes Potenzial haben hinsichtlich der Wertsteigerung. Wobei ich wegen der Nebenkosten davor warne, Oldtimer als Geldanlage zu sehen. Es ist eine Liebhaberei.

Welche Oldtimer besitzen Sie? Ich sehe da einen Citroën und einen Lancia

Ich habe eine kleine Sammlung. Das Lieblingsauto meine Familie ist gerade eine alte Ente. Sie lieben es, in diesem wackligen, qietschenden Ding zu fahren. Der Lancia dagegen ist ein ganz seltenes Stück, davon wurden nur 190 Stück gebaut, ein Lancia Flaminia Zagato. Zagato ist eine Edelschmiede, die besondere, sportliche Karosserien baut.

Darf Ihre Edelstücke eigentlich auch mal jemand anderes fahren?

Ja klar, enge Freunde von mir dürfen fahren. Aber die meisten trauen sich dann nicht, weil sie Angst haben, eine Beule reinzufahren. Allerdings hat jeder Wagen auch sein individuelles Bedienkonzept. Halbautomatikgetriebe etwa kennen viele gar nicht. Man muss nicht kuppeln, aber schalten, der Hebel ist nicht unten, sondern am Lenkrad ... Daran muss man sich erst gewöhnen.

(es dröhnt, ein Sportwagen fährt vorbei)

Was war das für ein Auto?

Ein Ferrari 430.

Hat Potsdam eine Oldtimer-Szene?

Es gibt überall Oldtimer. Ich habe hier in der Berliner Vorstadt schon verdammt schöne Autos gesehen. Es gibt hier Sammler, die bloß noch nicht so in Erscheinung getreten sind.

Was wird am Sonntag bei Ihrer Garagen-Rallye so dabei sein?

Es sollten außergewöhnliche Autos sein, nicht unbedingt teuer, aber außergewöhnlich. Wobei, ein 300er SL kommt auch

ein Mercedes?

Ja, die sind extrem teuer, die kosten eine Dreiviertelmillion. Aber es kommt auch ein VW Scirocco aus den 70er-Jahren. Klassewagen! Dann kommt ein DS Chapron-Cabriolet, viersitzig, ganz selten! Und dann werden wir, wenn es klappt, ein Auto haben, dass es noch gar nicht gibt: Ein VW X1, das ist der Prototyp des neuen Ein-Liter-Autos. Ein ultramodernes Auto.

Da gibts keine Angst vor Imageschäden – neben den ganzen Oldtimern?

Ganz im Gegenteil. Das Thema Automotive wird ja erst richtig rund, wenn man Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einen Spannungsbogen bringt.

Gehen Sie mit auf die Strecke am Sonntag?

Na klar. Mit meinem Lancia.

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