Landeshauptstadt: „Das mit dem Gewehr hätte mir nicht passieren dürfen!“
Justizwachtmeister wegen versuchter Nötigung verurteilt
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Justizwachtmeister wegen versuchter Nötigung verurteilt Von Gabriele Hohenstein Ein Justizwachtmeister sollte sich beherrschen können – im Beruf sowie nach Feierabend. Die Kollegen im Gericht kommen offensichtlich gut mit Max M.* (60) klar, sein Nachbar am Rande der Parforceheide weniger. Und das beruht auf Gegenseitigkeit. Präzise ausgedrückt, die Männer können sich nicht leiden. In der Nacht des 26. Juni 2003 brachte eine hell ins Schlafzimmer von Max M. leuchtende Laterne das Fass zum Überlaufen. Er rastete aus, griff zum Luftgewehr, richtete es auf die fröhlich im Garten feiernde Gesellschaft des Nachbarn und drückte ab. „Es war aber nicht geladen“, versucht der Beamte im Dienste Justitias, seine Schuld kleinzureden. Seit der Neue in das Zweifamlienhaus eingezogen sei, gäbe es Stress. Mal sei die Musik aus der oberen Etage zu laut, mal schließe der Mann mitten am Tag die Haustür ab. Dann habe er sogar einen Ast seines Apfelbaums abgesägt. „Und alles nur, um mich zu ärgern“, glaubt Max M. Auch die Gartenlaterne habe er nur zu diesem Zweck aufgestellt. „In der besagten Nacht wollte ich gegen 22 Uhr schlafen gehen“, berichtet der wegen versuchter Nötigung Angeklagte. Doch die Leuchte habe ihn daran gehindert, ins Land der Träume zu gleiten. Er habe den Nachbarn aufgefordert, das Licht zu löschen. „Nach einiger Zeit bequemte er sich auch dazu, aber nach 20 Minuten ging sie wieder an. Da ist mir die Hutschnur geplatzt.“ Die Gäste der Party haben sich erst einmal hinter dem dicksten Baum versteckt“, wirft Amtsrichterin Judith Janik an. „Sie konnten ja nicht wissen, dass die Flinte nicht geladen war.“ Der Staatsanwalt hält dem Justizbeamten vor: „Sie wollten Sheriff spielen und das Recht in die eigenen Hände nehmen. Meinen Sie, damit verbessert sich das Verhältnis zu Ihrem Mitbewohner?“ Das vermutet Max M. bei aller Uneinsichtigkeit dann doch nicht. „Ich werde an die Gewoba schreiben und beantragen, dass die Laterne abgebaut wird“, grollt er. Die Richterin schüttelt den Kopf. „Die Gartensaison geht bald los. Bei der nächstbesten Gelegenheit fühlen Sie sich wieder gestört und greifen zum Gewehr. Vielleicht ist dann eine Kugel im Lauf?“ Max M. schaut grimmig, räumt schließlich ein: „Das mit dem Gewehr war überzogen. Es hätte mir nicht passieren dürfen.“ Der Strafrahmen für Nötigung beträgt Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, betont der Vertreter der Anklage. Im konkreten Fall könne man von versuchter Nötigung ausgehen, da die Party nicht abrupt durch die Aktion des Angeklagten beendet wurde. Die Feiernden seien durch die Luftgewehrnummer nicht so verschreckt gewesen, dass sie schreiend ins Haus rannten. Sie haben ihre Teller, Gläser und Kerzen danach in aller Seelenruhe abgeräumt. Eine Geldstrafe von 600 Euro sei daher angemessen. Das Gericht entscheidet ebenso. „Kleiner Tipp am Rande: Bringen Sie ihr Gewehr am besten in den Keller, wo Sie es nicht jederzeit griffbereit haben“, rät die Vorsitzende. (*Namen von der Redaktion geändert.)
Gabriele Hohenstein
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