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Landeshauptstadt: Das Miteinander – jeden Tag aufs Neue

Gestern wurde die Potsdamer „Interkulturelle Woche 2006“ mit einem Straßenfest eröffnet

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Innenstadt - Was sich auf weltpolitischer Ebene schwierig gestaltet, scheint in Potsdam gut zu funktionieren: die Beziehungen zwischen der islamischen Gemeinschaft und der jüdischen Gemeinde, die sich am Nachbarstand präsentierte, hätten jedenfalls nicht freundschaftlicher sein können.

Mit einem Straßenfest vor dem Brandenburger Tor wurde gestern die „Woche der ausländischen Mitbürger - Interkulturelle Woche 2006“ eröffnet. Organisiert wurde das „Interkulturelle Straßenfest“ von der Potsdamer Ausländerbeauftragten Magdolna Grasnick. Für die Finanzierung der „Interkulturellen Woche“ standen ihr gerade mal 2000 Euro zur Verfügung. „Ohne zusätzliche Förderung durch das Bundesfamilienministerium, den Europäischen Sozialfonds und die Initiative Lokales Kapital für soziale Zwecke hätte die Interkulturelle Woche in dieser Form nicht stattfinden können“, sagte die Ausländerbeauftragte. „Veranstaltungen wie diese leben wesentlich vom ehrenamtlichen Engagement aller Beteiligten.“ Viele Einrichtungen hätten kostenlos Räumlichkeiten für Lesungen, Vorträge oder Konzerte zur Verfügung gestellt.

Zur Eröffnung wurde den Besuchern ein buntes Programm mit afrikanischer Trommelmusik und orientalischem Bauchtanz geboten. Wer wollte, konnte koscheren Wein aus Israel kosten oder sich von den Schülern des Voltaire-Gymnasiums mit Selbstgebackenem versorgen lassen. Mehr als 20 lokale Initiativen und Vereine, die sich auf unterschiedliche Art und Weise für ein tolerantes und friedliches Miteinander von Einheimischen und Zugewanderten stark machen, nutzten die Gelegenheit, sich und ihre Arbeit der Öffentlichkeit vorzustellen.

„Wir wollen aber nicht nur feiern, sondern uns kritisch mit der aktuellen politischen Situation auseinandersetzen“, sagte die Ausländerbeauftragte. So lud die Flüchtlingsberatung des „Diakonischen Werkes“ an ihrem Stand auch Einheimische zum „Einwanderungstest“. Auf der Basis des Original-Fragenkatalogs aus Hessen mussten Fragen zur deutschen Geschichte und zum Grundgesetz beantwortet werden. „Die meisten Deutschen wären mit Pauken und Trompeten durchgefallen“, so Andrea Vergara Marin vom „Diakonischen Werk“.

Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) betonte in seiner Eröffnungsrede, dass Potsdam trotz der „schlimmen Ereignisse“ dieses Jahres eine „offene und tolerante“ Stadt sei. „Wir haben viel erreicht, aber der Wille, ein friedliches Miteinander der Kulturen und Religionen zu gestalten, muss uns jeden Tag wieder aufs Neue beschäftigen.“

Eine Forderung, die Ermyas M. sicherlich ohne zu Zögern unterschreiben würde. Der Deutsch-Äthiopier, der am Ostersonntag in Potsdam von mehreren Tätern brutal zusammengeschlagen wurde, war aktives Mitglied im Vorbereitungsteam der „Interkulturellen Woche“. „Er hatte konkrete Pläne, sich für sein Herkunftsland zu engagieren“, berichtete Magdolna Grasnick. Momentan gehe es ihm gesundheitlich noch nicht gut genug. „Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass Ermyas M. sich weiter für die Themen, die ihm am Herzen liegen, einsetzen wird, sobald es sein Gesundheitszustand wieder zulässt.“

Ariane Mohl

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