Landeshauptstadt: „Das muss uns alle wachrütteln!“
Gutes Schulessen sollte den Eltern mehr wert sein, sagt die Potsdamer CDU-Vorsitzende Katherina Reiche
Stand:
Frau Reiche, Sie sagen, das Schulessen muss teurer werden. Warum?
Schulessen muss besser werden! Ziel muss es doch sein, dass unsere Kinder in den Kitas und Schulen qualitativ hochwertiges Essen bekommen, Essen, das gut schmeckt, gesund und vollwertig ist, appetitlich aussieht und unseren Kindern die notwendige Voraussetzung dafür gibt, sich geistig und körperlich gut zu entwickeln und lernen zu können. Die Realität sieht heute leider anders aus: Das Essen ist konditionierte Massenware, oft verkocht, besteht aus oft vorgefertigten Produkten, die von weit her importiert werden. Mit dem Sodexo-Skandal hatten wir die bislang größte lebensmittelbedingte Epidemie in Deutschland – das muss uns doch alle wachrütteln! Und gemeinsam müssen wir uns die Frage stellen, wie viel uns gutes Essen für unsere Kinder wert ist. Es geht zu oft nur um den Preis. Das ist ein Irrweg.
Ihre Forderung hat scharfe Kritik von der Linken auf den Plan gerufen.
Angesichts von Tausenden kranken Kindern im jüngsten Schulessen-Skandal ist diese Reaktion absolut fragwürdig, ja absurd. Wir reden hier nicht über Riesenbeträge – in Berlin geht es jetzt zum Beispiel um knappe 50 Cent mehr pro Essen.
Aber höhere Preise allein sind keine Qualitätsgarantie.
Das stimmt. Aber mehr Qualität, Frische und Regionalität haben einen Preis. Der allerdings muss vertretbar sein. Sinnvoll sind regelmäßige Evaluation und Kontrolle beim Schulessen. Die Caterer dürfen bei Kritik von Schülern und Eltern auch nicht mehr auf Durchzug schalten. Ich weiß aus eigener Erfahrung als Mutter an einer Potsdamer Grundschule, wie schwierig es ist, einen Caterer zu erreichen, wenn es Probleme gibt. Das kann nicht sein.
Bisher hat die Stadt kein Mitspracherecht beim Schulessen: Die Verträge werden zwischen den Schulkonferenzen und den Caterern ausgehandelt. Braucht die Stadt mehr Rechte?
Es ist weniger eine Frage der Rechte als eine Frage der Vernunft und des guten Willens. Lebensmittel und Esskultur nur auf den Preis zu reduzieren, führt in die Irre. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat eine umfangreiche und gute Empfehlung für Schulessen im Auftrag des Bundesverbraucherschutzministeriums erstellt. Diese Empfehlungen gilt es umzusetzen. Hier können die Stadt, die Schulen und Eltern an einem Strang ziehen.
Wie kann man das verbessern?
Ich habe die Stadt aufgefordert, eine Befragung unter Eltern und Schülern zum Schulessen durchzuführen. In einem zweiten Schritt muss die Stadt die Ausschreibungskriterien neu definieren und an den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung orientieren. Auch Regionalität und Frische sollten eine größere Rolle spielen: Unter frischem Obst verstehe ich nicht die tiefgefrorene Erdbeere aus China, sondern einen Apfel aus Werder.
Dafür haben sich die Stadtverordneten jetzt auf Antrag der Linken und Grünen ausgesprochen.
... Drittens muss man aber tatsächlich auch über den Preis sprechen. Essen, auch Schulessen, ist Ausdruck von Kultur und gesunder Lebenseinstellung.
Was sagen Sie den Eltern, für die es dann zu teuer wird?
Lassen Sie uns schrittweise vorgehen und gemeinsam mit der Stadt überlegen, was möglich ist! Was würden Eltern selbst übernehmen, wo braucht es Unterstützung, wie kann die geleistet werden? Es gäbe ja nicht nur Mehrkosten, sondern vor allem einen großen Mehrwert: Die Kinder essen wieder gern und gesund in der Kita oder Schule.
Das Interview führte Jana Haase
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: