Von Jörg Schreiber: Das Oderbruch in Miniatur
Begehbarer Park soll Sehenswürdigkeiten des vor 260 Jahren trockengelegten Landstrichs zeigen
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Altlewin - Nicht viel mehr als Grünland ist bislang an der Stelle zu sehen, auf die Ina Jedamczyk unweit des kleinen Ortes Altlewin mitten im platten Oderbruch weist. Das soll sich jedoch ändern. Auf der etwa vier Hektar großen Fläche am Bachlauf der Volzine solle das Oderbruch in Miniatur nachgebildet werden, sagt die 49-jährige Berlinerin. Dazu gründete sich jetzt ein Verein, der das Projekt vorantreiben will. Namhafte Mitglieder wie der im nahe gelegenen Letschin wohnenden Brandenburger Infrastruktur- und Agrarministerin Jutta Lieske (SPD) gehören dem Verein an.
„Wir wollen hier auf kleinem Raum die Einzigartigkeit des Oderbruchs samt aller wichtigen Sehenswürdigkeiten und der angrenzenden Erhebungen zeigen“, sagt Jedamczyk, die seit Jahren in dem rund 60 Kilometer langen Landstrich nördlich von Frankfurt aktiv ist und als Geschäftsführerin des neuen Vereins fungiert. Besucher sollen in dem begehbaren Miniaturpark etwa das Schiffshebewerk Niederfinow, die am polnischen Oder-Ufer gelegene Festung Küstrin oder die Wriezener Marienkirche in kleinem Maßstab bestaunen können.
Es solle auch gezeigt werden, wie das Wassersystem im Oderbruch funktioniert.
Das Land hier gehöre zu den größten eingedeichten Flusspoldern in Deutschland, die Gewässersohle der Oder liege teilweise meterhoch über dem Bruch, sagt Michael Dahlke, einer der 16 Gründungsmitglieder des Vereins. Der Potsdamer war bis Jahresbeginn beim Brandenburger Landesumweltamt für Wasserbau und Hochwasserschutz zuständig und wird den Nachbau von Deichanlagen, Schöpfwerken und Wehren fachlich begleiten.
Friedrich der Große hatte das Sumpf- und Morastgebiet vor 260 Jahren trockenlegen lassen und in 43 Kolonistendörfern Menschen aus zahlreichen deutschen und europäischen Ländern angesiedelt.
Friedrichs Ausspruch „Hier habe ich im Frieden eine Provinz erobert“ ist bis heute weithin bekannt. So sollen auch Denkmäler für den „Alten Fritz“, wie sie etwa in Letschin stehen, im künftigen Miniaturpark nachgebildet werden. Deutschlandweit bekannt wurde der Landstrich während der Oderflut von 1997, als die Bundeswehr den Bruch der aufgeweichten Deiche verhinderte.
„Damals drohte das Oderbruch wie eine Badewanne vollzulaufen“, sagt Dahlke mit Hinweis auf die umliegenden Höhenzüge, die das platte Land einfassen. Seither seien fast alle nennenswerten wasserbaulichen Anlagen saniert worden, so dass es ausreichend Dokumentationen für die Modellbauer gebe. In den Bau der Modelle will der Verein die ganze Region - Werkstätten, Vereine, das örtliche Handwerk und insbesondere Jugendliche - mit einbeziehen. „Denn es gibt nicht sehr viel im Oderbruch, was Beschäftigung und Motivation für Jugendliche angeht. Hier können sie etwas schaffen, was mit ihrer Heimat zu tun hat“, sagt Ina Jedamczyk.
Erfahrungen wolle man auch im Miniaturpark „Klein-Erzgebirge" im sächsischen Oederan einholen. Bei einem Besuch dort war die 49-jährige Werbefachfrau auf die Idee eines Oderbruchparks gekommen.
Die Lage des ausgewählten Geländes direkt an der Straße von Wriezen nach Letschin mitten im Bruch findet sie ideal. „Besucher können vom Park aus gleich losfahren und die Originale anschauen“, sagt sie. Der Landwirt, dem die Wiese gehört, steht nach ihren Angaben hinter dem Plan. Offen sei, ob der Verein das Gelände pachten oder kaufen wird.
Was die Kosten für den Park anbelangt, geht ein erstes Konzept grob geschätzt von einer Million Euro aus. Dazu sollen Fördermittel der EU beantragt und Sponsorengelder eingeworben werden, wie die Geschäftsführerin sagt. In dem Konzept werde zudem von der recht optimistischen Prognose ausgegangen, dass in drei Jahren schon etwas zu sehen sein soll. Der Park werde nicht gleich alles zeigen, sondern mit der Zeit wachsen, sagt Ina Jedamczyk.
Auch die Nachbarn schauen erwartungsvoll auf das Vorhaben.
„Natürlich begrüße ich das Projekt“, sagt etwa Jürgen Dunkel, der Betreiber der Altlewiner Gaststätte „Zum Alten Fritz“ mit kleinem Hotel, die nur 400 Meter von dem Gelände entfernt steht. Er wünsche sich, dass das Projekt lange und von vielen unterstützt wird und viele Gäste kommen. „Wir freuen uns, wenn hier hoffentlich etwas Bleibendes für den Tourismus geschaffen wird“, sagt er.
Jörg Schreiber
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