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Aus dem GERICHTSSAAL: Das Prinzip Hoffnung

Dritte Bewährungsstrafe für Ex-Süchtigen nach Therapie

Stand:

Der Wert des Diebesgutes ist gering, die Quittung, die Tobias T.* für sein Tun (24) kassierte, geharnischt hoch. Der Ex- Drogensüchtige steckte am 22. April 2008 bei Rewe Am Schlaatz ein Biermixgetränk für knapp einen Euro ein, ohne es zu bezahlen. Die Polizeibeamten, die den Langfinger durchsuchten, fanden in seinen Jackentaschen ein Paar Quarzhandschuhe und ein Messer mit feststellbarer Klinge. Letzteres gilt als Waffe. Gestern saß Tobias T. wegen Diebstahls mit Waffen auf der Anklagebank. Die Mindeststrafe hierfür liegt bei sechs Monaten. Amtsrichter Thomas Lange verurteilte den Arbeitslosen zu acht Monaten Haft, ausgesetzt zu dreijähriger Bewährung, sowie 300 Euro Geldbuße.

In diese Sanktion wurde ein im Vorjahr gegen ihn ergangenes Urteil wegen Zigarettendiebstahls einbezogen. Der Staatsanwalt hatte neun Monate Gefängnis gefordert, schließlich steht der mehrfach Vorbestrafte unter zweifacher Bewährung. Eine dritte könne es nicht geben. Doch Rechtsanwalt Karsten Beckmann überreichte dem Gericht die Bestätigung über eine erfolgreiche Drogentherapie seines Mandanten. Tobias T. verließ die Einrichtung erst in der vorigen Woche nach zehnmonatiger Behandlung. Er ist clean, auch Alkohol ist kein Thema mehr für den jungen Mann. Er lebt jetzt in eigener Wohnung, hat eine Freundin und ab September einen Ausbildungsplatz als Maurer. „Der Angeklagte hat eine Entwicklung eingeschlagen, in die man Hoffnung setzen kann. Ob man ihr schon vertrauen darf, muss die Zukunft zeigen“, begründete der Vorsitzende die erneute Bewährungs- Chance.

Tobias T. war erst 15 Jahre alt, als er das erste Mal mit dem Gesetz kollidierte. Sein Strafregister weist Eintragungen wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr, Hausfriedensbruchs, Beleidigung, Sachbeschädigung, gefährlicher Körperverletzung, Fahrens ohne Fahrerlaubnis und immer wieder wegen Diebstahls auf. Der Biermix-Klau war allerdings seine (hoffentlich) letzte Tat. Den gestand Tobias T. ganz freimütig. An das Klappmesser habe er überhaupt nicht mehr gedacht. Das steckte seit Ewigkeiten in seiner Tasche, diente einst zum Portionieren der Haschisch-Rationen. Als ihn der Ladendetektiv erwischte, sei er längst auf „Gras“ umgestiegen gewesen. „Das kann man mit den Händen zerkleinern“, so der Angeklagte. Die Quarzhandschuhe hätten seinem eigenen Schutz gedient.

„Mit denen kann man ganz wirkungsvoll zuschlagen, ohne dass man sich selber verletzt“, stellte eine als Zeugin geladene Polizistin klar. Auch auf das Messer hätte Tobias T. problemlos zugreifen können. Auch wenn der Angeklagte nicht jeden Augenblick an das Messer gedacht habe, sei es „ständiges Begleitwissen“ gewesen. Das reiche, um den Straftatbestand des Diebstahls mit Waffen zu erfüllen. (*Name geändert.) Hoga

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