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Von Henner Mallwitz: „Das reinste Chaos“

Motor Babelsbergs Boxer ratlos: Die Bundesliga steht vor dem Start schon vorm Aus

Stand:

Der deutsche Amateur-Boxsport erlebt seine bislang größte Krise: Nach dem Fiasko bei den Olympischen Spielen droht jetzt das Aus der Bundesliga. Der Grund: Noch auf dem Verbandstag im Oktober einigten sich die Vereine in Straubing, statt der ersten und zweiten eine gemeinsame Bundesliga zu gründen. Die Boxer des SV Motor Babelsberg hätten demnach zusammen mit Hertha BSC sowie den Teams des BC Velbert, BSK Seelze und BC Straubing im Oberhaus geboxt. Daraus wird allem Anschein nach nichts, denn Seelze hat jetzt völlig überraschend seine in Straubing gegebene Zusage zurückgezogen. „Finanzielle Engpässe“ nennt das Team aus Niedersachsen als Grund – dass zu hohe finanzielle Forderungen der Boxer zu diesem Schritt führten, ist hingegen Gewissheit.

„Wir wissen zurzeit nicht, was wir machen sollen, das reinste Chaos“, sagt Motor-Manager Ralph Mantau. „Nach Lage der Dinge wird es keine erste und demzufolge auch keine zweite Bundesliga geben. Seelze hat sich festgelegt, wir suchen jetzt mit dem Verband nach irgendeiner neuen Lösung.“ Die dürfte allerdings keine leichte sein. Womöglich könnten die Teams aus Wismar oder Chemnitz noch ihre Teilnahme am Bundesligageschehen bekunden, doch diese ist mit einem bedeutend höheren Aufwand verbunden. Fahrtkosten, Übernachtungen, Kampfrichtergeld und nicht zuletzt die höheren Prämien für die Boxer lassen die meisten Vereine Abstand nehmen.

Eine weitere Möglichkeit wäre die Aufnahme eines ausländischen Vereins in die Bundesliga. „Ich könnte mir das gut vorstellen“, sagt Gunnar Berg, der im dänischen Boxverband seit Jahren ein entscheidendes Wort mitzureden hat. Diese Option soll in den nächsten Tagen geprüft werden – Ralph Mantau glaubt allerdings kaum, dass sich der Deutsche Boxverband zu einer solch weitgreifenden Entscheidungen hinreißen lässt.

Also? „Wir sind ratlos“, sagt Mantau, der mit seinem Team nicht einmal in der Oberliga boxen könnte, da dort keine so genannten „Einflieger“ zugelassen sind. Für den Babelsberger Traditionsverein würde dies bedeuten, auf ihren stärksten Mann, Vitalius Subacijus aus Litauen, verzichten zu müssen. „Und das“, erklärt Mantau, „fällt natürlich aus.“

Dass sich der deutsche Amateurboxsport in einer großen Krise befindet, kann und will auch Hans-Werner Stryak als Liga-Obmann nicht leugnen. Allerdings hat er die Schuldigen schon gefunden – die Boxer. „Wer Forderungen stellt, die nicht realistisch sind, muss sich darüber nicht wundern“, sagt er. „Hinzu kommt, dass die Männer in Niedersachsen sehr ungeschickt operiert haben.“ Sein alleiniges Hoffen beruht nun darauf, dass man in Seelze noch ein Einsehen hat. Mantau indes weiß bereits, dass es dazu nicht kommen wird. „Dieser Zug ist abgefahren“, sagt er und schickt seine Männer wieder an die Sandsäcke. Offiziell heißt das: Vorbereitung auf den Bundesligastart am 17. Januar. Mantau sieht“s mit Galgenhumor: „Wir tun so, als ob wir boxen.“

Henner Mallwitz

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