Landeshauptstadt: Das schöne Jahr des Gehenkten
Ulrike Bleyl legt die Tarotkarten und gibt so Anleitungen für das eigene Leben
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Ulrike Bleyl legt die Tarotkarten und gibt so Anleitungen für das eigene Leben Mit den guten Vorsätzen wird es heute sein wie jedes Jahr. In der Silvesternacht noch großspurig und zahlreich im Mund geführt, relativiert man sie schon in der Katerstimmung am Neujahrstag. Nach wenigen Wochen schon will niemand Derartiges versprochen haben und wer trotzdem eisern an seinen Verbesserungsversuchen festhält, der wird nicht selten schief angesehen. Ein neues Jahr, ein neues Glück. Und weil einem die Zukunft nichts versprechen kann, verspricht man sich gerne selbst etwas, meist jedoch nur halbherzig. Wer dann doch etwas mehr Gewissheit für die kommenden zwölf Monate wünscht, der soll sich, so nicht selten scherzhaft gemeint, die Karten legen lassen. Ulrike Bleyls Telefon klingelt sehr oft in diesen Tagen. Die Inhaberin des Ladens Mondvogel in der Dortustraße bietet neben der individuellen Horoskopanalyse auch das Legen von Tarotkarten an. Eine Beratung der besonderen Art, die zum Jahreswechsel sehr gefragt ist. Doch wer glaubt von Ulrike Bleyl das kommende Jahr datumsgenau mit all seinen Höhe- und Tiefpunkt erklärt zu bekommen, den muss sie enttäuschen. Kartenlegen ist bei ihr keine zwielichtige Wahrsagerei, sie versteht es als Anleitung, das eigene Leben, sein Handeln besser zu verstehen, andere Sichtweisen zuzulassen und sich stärker mit sich selbst auseinander zu setzen. Das Geburtsdatum, der Zeitpunkt der Geburt und der Geburtsort, das sind die Daten die Ulrike Bleyl braucht. Dann beginnt eine eher komplizierte Berechnung, für die sie „liebevoll dankbar“ die Hilfe ihres Computers nutzt. Eine Stunde plant Ulrike Bleyl für das folgende Kartenlegen und erklärende Gespräch ein, wofür sie 25 Euro berechnet. In unserem Fall gibt es eine Kurzberatung. „Für Sie steht im nächsten Jahr die Karte des Gehenkten. Das wird ein schönes Jahr“, erklärt sie und provoziert die vorsichtige Nachfrage, was an einem Gehenkten denn nun schön sein solle. Die 78 Tarotkarten zeigen zahlreiche, oft auch gewöhnungsbedürftige Bilder. Und wenn die Karte mit dem Gehenkten auch zuerst einmal für Schrecken und düstere Zukunftsaussichten beim Neuling in Sachen Kartenlegen sorgt, kann Ulrike Bleyl beruhigen. Der seltsam verdrehte, über Kopf hängende Geselle, verkündet in diesem speziellen Fall die Botschaft, dass das neue Jahr vor allem neue Perspektiven eröffne. „Und was der Betreffende aus dieser Aussage macht, das liegt ganz allein bei ihm selbst“, so die Expertin. Seit vier Jahren betreibt Ulrike Bleyl, die 34-jährige Mutter von drei Kindern und nebenberuflich als freie Hebamme tätig, ihren Laden in Potsdam. Neben dem Kartenlegen und der Horoskopanalyse verkauft sie hier fast alles, was mancher etwas abfällig unter „Esoterikkram“ zusammenfasst: Teesorten, Steine, Räucherstäbchen, entsprechende Literatur. Und war am Anfang noch eher eine Skepsis bei den Besuchern in ihrem Laden zu spüren, erlebt sie jetzt ein wachsendes Interesse an dieser Form der „Magie“. „Der Erfolg der Harry-Potter-Bücher und der Herr-der-Ringe-Verfilmung zeigt, dass viele Menschen neugierig gegenüber den Dingen geworden sind, die sich nicht immer rational erklären lassen. Dazu gehört auch das eigene Leben.“ Damit manche Kunden, die, wie Ulrike Bleyl sagt, „Wahrsagerinnen konsumieren“, nicht jeden Tag zu ihr kommen und sie für diese bei der kleinsten Entscheidung das Tarot befragen muss, legt sie frühesten nach einem halben Jahr erneut die Karten. Viele kommen zu ihr, wenn es ihnen schlecht geht, sie vor scheinbar unüberwindbaren Lebenskrisen stehen, andere verschenken die Sitzung mit dem Kartenspiel zum Geburtstag. Manche reden viel, die anderen weniger. Und nicht selten kommen Menschen zu ihr, da spürt sie, dass diese förmlich eine Lösung, eine Antwort von ihr erwarten. Zwar könne man viel von den Karten lernen, so Ulrike Bleyl, doch die Entscheidung für die eigene Zukunft nehmen sie einem aber nicht ab. www.mondvogel.com
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