Landeshauptstadt: Das Schöne und das Praktische
Kulturministerin Johanna Wanka besuchte das sanierte Haus am Bassin 3, ein Bau Carl von Gontards
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Innenstadt - Und da sagt man der Architektur Friedrich II. nach, es gehe ihr mehr um die ästhetischen Effekte und sie habe zu wenig Sinn fürs Praktische: Carl von Gontard, bedeutendster Architekt und Baumeister der spätfriderizianischen Zeit, gelang beim Bürgerhaus Am Bassin 3 beides, Schönheit und Nützlichkeit. Die Fassade aus roten Rathenower Backsteinen im holländischen Stil ist fraglos schön. Und praktisch waren – vor allem zur Entstehungszeit 1783 – die gusseisernen Kanonenöfen in den Wohnzimmern, die als „Hinterlader“ konzipiert waren: Befeuert wurden sie von einer Kammer im Flur aus, so dass weder Asche noch Ruß die gute Stube verunreinigten.
Schönheit und Praxissinn von Gontards sind seit diesem Frühjahr wieder in weitgehend originalgetreu restaurierter Weise zu erleben. Zu verdanken ist dies dem Hauseigentümer Hermann Kremer, der gestern den Besuch der Landeskulturministerin Johanna Wanka (CDU) im Haus Am Bassin 3 für eine kleine Einweihungsfeier nutzte. „Mit seinem Engagement hat Herr Kremer erreicht, dass aus einem Schandfleck wieder ein Kleinod geworden ist“, erklärte die Ministerin, wobei das Wort „Kleinod“ auch deshalb gern benutzte, weil es jüngst zum „bedrohten Wort“ des Jahres 2007 gewählt wurde. Johanna Wanka lobte nicht nur die mit dem großem Restaurierungsaufwand einhergehende denkmalpflegerische Leistung, sondern freute sich auch, dass für den Gontard-Bau nun auch kulturaffine Nutzer gefunden wurde. Mieter Am Bassin 3 sind nunmehr der Museumsverband und der Verein Kulturfeste im Land Brandenburg e.V. – beides dem Kulturministerium nahe stehende Einrichtungen, die mit ihrem Auszug aus dem Plattenbau Schlossstraße 1 ihren kleinen Beitrag für die neue Potsdamer Synagoge leisteten, die an dieser Stelle errichtet werden soll. Dass diese Einrichtungen nun „mitten im Herzen von Potsdam“ untergebracht sind, und zwar „zu kulturmäßigen Preisen“, erklärte die Ministerin Wanka weiter, „das freut uns“. Sein Verein bezahlt zwar „etwas mehr als in der Schlossstraße“, aber dennoch „etwas unter Marktpreisen“, sagt Christoph Wichtmann, Geschäftsführer des Kulturfeste-Vereins. Dafür habe sich sein Vereinssitz „ästhetisch enorm verbessert“.
„Ich hab da großen Spaß dran“, erklärt Kremer, Gynäkologe von Beruf, sein Engagement für historische Bausubstanz. Steuerabschreibungen und Fördermittel sollten nicht das einzige Motiv für eine Denkmalssanierung sein. Kremer ist den Potsdamern als Vermieter des Oberbürgermeisters bekannt. Jann Jakobs bewohnt ein von Kremer saniertes Haus in der Siedlung Alexandrowka und sei, wie der Hauseigentümer sagt, „ein Super-Mieter“. Selbst in Potsdam wohnen will Kremer jedoch nicht. Er habe in Westfalen Freund wie Feind. Kremer: „Beide brauche ich.“ Guido Berg
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