Aus dem GERICHTSSAAL: „Das Taxi sah auch richtig böse aus“
Angeklagter muss Unfall-Gegner 1000 Euro zahlen
Stand:
Die Entscheidung des Gerichts fällt salomonisch aus. „Sie zahlen 1000 Euro an Ihren Unfallgegner. Dafür verzichtet dieser auf alle zivilrechtlichen Ansprüche“, so der Vorsitzende. Ivan I.* (58) stimmt der Verfahrenseinstellung nach längerer Beratung mit seinem Rechtsanwalt zu. Die Geldbuße tut dem Taxifahrer weh. Doch wäre der Mann – wie angeklagt – wegen Unfallflucht verurteilt worden, hätte er möglicherweise eine Weile auf seine Fahrerlaubnis verzichten müssen.
Ivan I. weist während der Verhandlung jegliche Schuld von sich. „Der Unfall ist passiert. Ich denke aber, der Radfahrer war zu schnell, ich hätte gar nicht mehr bremsen können“, schätzt er ein. Am 5. September vorigen Jahres sei er gegen 20.30 Uhr von der Schopenhauer Straße in Richtung Luisenplatz abgebogen, so wie es Bussen und Taxen gestattet ist. Ein junger Mann auf seinem Rad sei durchs Brandenburger Tor geflitzt, unmittelbar darauf gegen die Windschutzscheibe seines Wagens geprallt, erzählt Ivan I. weiter. „Ich stieg sofort aus, um nach einer am Boden liegenden Person zu schauen. Statt dessen kam mir ein junger Mann entgegengelaufen und fragte, ob mir etwas passiert sei“, erzählt der Angeklagte. Da dem nicht so war, hätten sie sich darauf geeinigt, dass jeder den Schaden an seinem Gefährt selbst tragen solle. „Dann haben wir uns getrennt.“
„Ich habe nur noch die Motorhaube des Taxis gesehen. Da dachte ich mir, oh, das ist nicht gut“, schildert Sven S.* (20) die Sekundenbruchteile vor dem Aufprall. „Danach stand ich unter Schock, wusste gar nicht mehr, wo oben und unten ist.“ Der Taxifahrer habe ihn angeschnauzt, ob er nicht aufpassen könne. „Er sagte, es sei besser, wenn jeder seinen eigenen Schaden bezahlt. Damit würde ich sowieso besser davonkommen. Seiner Meinung nach war an meinem Rad nicht viel passiert. Ich erwiderte, so geht das nicht und wollte die Polizei rufen.“
Doch der Angeklagte habe sich hinters Steuer gesetzt und Gas gegeben. Geistesgegenwärtig habe er sich das Kennzeichen des Wagens gemerkt, berichtet der Potsdamer. „Dann bin ich mit meinem Wrack nach Hause gehumpelt.“
„Konnte der Taxifahrer erkennen, dass Sie verletzt sind?“, fragt der Amtsrichter. „Er hätte sich denken können, dass ich so einen Sturz nicht unbeschadet überstanden habe“, entgegnet Sven S. „Ich bin doch kein Stuntman.“ Inzwischen seien die Prellungen und Schürfwunden verheilt, sein einst 800 Euro teures Fahrrad musste allerdings verschrottet werden. „Das Taxi sah mit seiner kaputten Frontscheibe aber auch richtig böse aus,“ so Sven S. Zum Glück muss das Gericht den Unfallhergang nicht klären. Und die 1000 Euro dürften für ein neues Fahrrad allemal reichen. (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga
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