Neue ILB-Zentrale in Potsdam: Das Tor zur Mitte
Gegenüber vom Potsdamer Hauptbahnhof baut Landesinvestitionsbank ILB derzeit ihren neuen Hauptsitz. Hitzige Diskussionen über die Form des Neubaus blieben bislang aus - erstaunlicherweise.
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Bauen in Potsdams Innenstadt ist eine heikle Angelegenheit: Zum einen, weil man sich wegen zahlreicher historischer Sichtachsen und städteplanerischer Vorgaben aus der Zeit Friedrich des Großen leicht Feinde machen kann. Zum anderen, weil Potsdam zum Ende des Zweiten Weltkriegs so flächendeckend bombardiert wurde, dass es kaum ein Grundstück gibt, unter dem kein Blindgänger lauert.
Mitteschön: Dem Entwurf fehlt jedes Feingefühl
Im Fall der neuen Zentrale der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) an der Babelsberger Straße blieben dem Bauherrn zumindest Debatten über die Gestaltung weitgehend erspart. Gut acht Monate nach dem ersten Spatenstich wurde am Mittwoch der Grundstein für den neuen Bank-Hauptsitz gelegt. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) zeigte sich dabei erleichtert, dass der gefürchtete Potsdamer Gegenwind dieses Mal ausblieb: „Es ist ein Beweis dafür, dass in Potsdam nicht nur nach historischem Vorbild gebaut werden kann.“
Selbst die Initiative Mitteschön hatte in der Vergangenheit nur leise Kritik an dem dreiteiligen Baukonzept der KSP Jürgen Engel Architekten GmbH aus Berlin geübt. Bei der Präsentation des Siegerentwurfs vor drei Jahren hatte Mitteschön-Aktivist und Schauspieler Jörg Hartmann lediglich von Kisten gesprochen, die überall stehen könnten. Und auf der Internetseite der Initiative heißt es nur, dem Entwurf fehle „jedes Feingefühl für die Potsdamer Baukultur“. Eine eher laue Kritik, denkt man an die jüngsten Auseinandersetzungen um den geplanten Neubau der Volksbank an der Ecke Yorck- und Friedrich-Ebert-Straße.
Platz für 700 Mitarbeiter
Dass der neue ILB-Hauptsitz die Gemüter so kalt lässt, ist erstaunlich. Schließlich wird der Neubau den ersten Eindruck vieler Potsdambesucher von der Stadt maßgeblich prägen, wenn sie den Hauptbahnhof auf der Suche nach der Altstadt verlassen. ILB-Aufsichtsratschef und Landesfinanzminister Christian Görke (Linke) sprach gestern sogar vom künftigen „Eingangstor zur historischen Mitte für alle, die mit der Bahn kommen“.
Fertig sein soll die neue ILB-Zentrale Ende 2016. Dann werden Bahnreisende, die in Potsdam aussteigen, am Ausgang Babelsberger Straße von zwei vier- beziehungsweise fünfgeschossigen Bürogebäuden empfangen, deren Fassade fast ausschließlich aus großen Glaselementen besteht und deren Innenhöfe sich torartig in die Stadt hinein öffnen. Ein drittes, gleich gestaltetes Gebäude mit sechs Stockwerken wird etwas zurückversetzt errichtet. Insgesamt sollen die Neubauten Platz für 700 Mitarbeiter bieten, davon allein mehr als 100 von der Zukunftsagentur Brandenburg, die mit der ILB von der Babelsberger Steinstraße ins Zentrum zieht.
Zwei US-Fliegerbomben gefunden
Die Herausforderung für die Architekten bestand vor allem darin, einen eleganten Übergang vom großen Bahnhofsgebäude in die Auenlandschaft der Nuthewiesen zu schaffen. „Wir wollten keinen großen Klotz reinsetzen, sondern etwas Aufgelöstes, Heiteres. Wir vermitteln mit den drei pavillonartigen Gebäuden gewissermaßen zwischen dem massiven Bahnhofsgebäude und der freien Landschaft“, erläuterte KSP-Architekt Matthias Koch gestern. Durch den u-förmigen Grundriss der Gebäude solle zudem der Eindruck maximaler Transparenz und Offenheit erweckt werden. „Wir lassen die Auenlandschaft quasi durch die begrünten Innenhöfe in die Gebäude laufen“, so Koch.
Während sich die Frage nach der künftigen Form nicht als heikel entpuppt hat, erwies sich dafür der Baugrund als unerwartet problematisch. Nicht nur zwei große US-Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg mussten wie berichtet entschärft werden, sondern auch schadstoffbelasteter Boden im großen Stil ausgetauscht werden. „Das hat uns sehr viel Geld gekostet“, sagte Bauherr und ILB-Vorstandschef Tillmann Stenger bei der Grundsteinlegung am Mittwoch. Laut Willi Gerns, Projektleiter für die Erstellung der Baugrube, wurden 120 000 Kubikmeter Erde bewegt. „Das entspricht einer Lkw-Schlange von Potsdam bis zum Autobahnkreuz Magdeburg“, verdeutlichte Gerns.
Fundament steht auf 670 Pfählen
Zu allem Überfluss hatte das Grundstück auch noch eine weitere regionale Besonderheit zu bieten. Wie an vielen Stellen zwischen Havel und Spree ist es aufgrund der oft sumpfigen Böden mit der Standfestigkeit nicht weit her. Entsprechend ruht das Fundament der ILB-Zentrale jetzt auf 670 bis zu 20 Meter tief in den Boden gerammten Pfählen – Bauen in Potsdam ist eben eine heikle Sache.
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