Landeshauptstadt: Das Ultimatum
Gestern feierten Lösers Diamantene Hochzeit
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Auf dem Hochzeitsfoto sieht der Strauß frisch und fröhlich aus. Dabei hatte es einige Mühe gekostet, die erfrorenen Blumen so zu dekorieren, dass man den Schaden nicht sah. Als Marianne und Gerhard Löser am 15. November 1947 heirateten, war es eiskalt und die mühsam ergatterten Blumen hatten beim Transport zu viel Frost abbekommen. Doch die Kälte tat der Liebe keinen Abbruch. „Da musste meine Frau eben toller kuscheln“, sagt Löser mit dem für ihn typischen Schalk im Nacken. Gestern konnten Marianne (83) und Gerhard (86) diamantene Hochzeit feiern.
Und warum wurde ausgerechnet im kalten November geheiratet? „Ich hatte meiner Frau zur Verlobung ein Ultimatum gestellt“, sagt er lachend. „Länger als ein Jahr bleibe ich nicht verlobt.“ Im Dezember wäre das Jahr um gewesen. Allerdings gab es noch einen anderen triftigen Grund. Marianne arbeitete beim Bauern und war froh, dass es damals als Entlohnung auch etwas zu beißen gab. Als das Tagewerk des Bauernjahres getan war, konnte geheiratet werden.
Kennen gelernt hatten sich Marianne und Gerhard 1946 bei der gemeinsamen Arbeit, die allerdings alles andere als angenehm war. Sie mussten in Leipzig eine große Druckerei auflösen und versandfertig für den Abtransport in die Sowjetunion machen. „Wir haben dann aus den Trümmern kaputte Druckmaschinen herausgeklaubt und sie wieder arbeitstüchtig gemacht“, erzählt Gerhard Löser. 1951 kam der Ruf aus Berlin, dort eine Druckerei aufzubauen, 1953 hatte er, der erst einmal allein in die Hauptstadt der DDR zog, endlich eine Wohnung ergattert und Marianne konnte nachkommen. 1955 wartete dann eine neue anspruchsvolle Aufgabe auf ihn. Er half mit, den Kartographischen Dienst in Potsdam aufzubauen, und arbeitet sich dort bis zum Ökonomischen Direktor hoch. Das Paar bekam eine Genossenschaftswohnung, in der es noch heute lebt. Mit einem Hausgarten, den der passionierte Gärtner Löser als „Pausenbeschäftigung“ bezeichnet. Denn das Ehepaar hat noch ein über 500 Quadratmeter großes Grundstück, auf dem Obst- und Gemüse angebaut wird.
Nach einer Babypause, zur Familie gehören zwei Kinder, vier Enkel und drei Urenkel, fand Marianne ebenfalls beim Kartographischen Dienst wieder Arbeit. „Ich musste doch aufpassen, was sie so den ganzen Tag treibt“, kommentiert Gerhard dieses enge Zusammenwirken spitzbübisch. Und so ist es auch kein Wunder, dass sie bei einem Arbeitsangebot aus den USA - sie erhielt es beim Vorstellen einer neuartigen Maschine für Fotosatz auf der Messe – nur den Kopf schüttelte. Die gemeinsame Arbeit in Betrieb und Garten habe sie vereint, meint der Jubilar und seine diamantgeschmückte Ehefrau nickt: „Wir haben immer alles abgesprochen.“
15 diamantene Hochzeiten wurden in diesem Jahr bereits der Stadtverwaltung angezeigt und die Paare bekamen Glückwünsche, die diesmal die Sozialbeigeordnete Elona Müller überbrachte. dif
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