Homepage: Das Universum als Duschvorhang Lisa Randall über verborgene Dimensionen
Das größte Problem der theoretischen Physik ist nicht die Entdeckung der großen Einheitstheorie, die endlich die Quantenmechanik mit der Allgemeinen Relativitätstheorie vereinheitlicht. Theoretische Physiker wie Lisa Randall – einer der publikumswirksamen Stars der Szene mit Stationen am berühmten MIT, in Princeton und nun als erste Professorin des Fachs in Harvard – arbeiten mit Erfolg daran.
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Das größte Problem der theoretischen Physik ist nicht die Entdeckung der großen Einheitstheorie, die endlich die Quantenmechanik mit der Allgemeinen Relativitätstheorie vereinheitlicht. Theoretische Physiker wie Lisa Randall – einer der publikumswirksamen Stars der Szene mit Stationen am berühmten MIT, in Princeton und nun als erste Professorin des Fachs in Harvard – arbeiten mit Erfolg daran. Das größte Problem der theoretischen Physik und ihrer Vermittlung bleibt der Mensch und seine beschränkte Vorstellungskraft. Man kann im Kopf noch so viele Bilder erfinden, eine vierte oder gar fünfte Dimension wird man sich dort nicht zusammenbasteln können.
Aber kaum ein Thema fasziniert die Menschen mehr als die Erforschung dessen, was man nicht sieht, aber das dennoch da sein könnte. Die verborgenen Dimensionen, in denen ganze Universen versteckt sein könnten. Davon konnte man sich im Einstein Forum überzeugen, wo Randall ihr gerade erschienenes populärwissenschaftliches Buch (S. Fischer Verlag) über die Existenz weiterer Dimensionen vorstellte. Der Stoff besteht eigentlich nur aus mathematischen Zeichen und Geometrie. Ein Bestseller würde daraus wohl nie entstehen. Leute wie Lisa Randall und Stephen Hawking besitzen aber die Fähigkeit und Mittel, Quantenphysik, Stringtheorie und Relativitätstheorie so darzustellen, dass jeder wenigstens das Gefühl hat, er wüsste worüber gerade gesprochen wurde. Und noch etwas kommt hinzu. Die derzeit bedeutendste theoretische Physikerin, so schreibt „Der Spiegel“, ist „blond, drahtig, ziemlich klein und weiblich“. Dass Frauen in der Wissenschaft schlau und gleichzeitig attraktiv sein können, ist selbst in unserem Universum noch eine verborgene Dimension.
Dass der Mensch im Grunde nur drei Dimensionen erfahren kann, wird von Randall zunächst im Einstein Forum hinterfragt. In jeder Datenbank mit mehr als drei Parametern würde man seine Entscheidung auch aus mehreren Dimensionen begründen. Beim Hauskauf wären das etwa Quadratmeter, Grundstücksgröße, Kaufpreis, Lage und Architektur. Keine Angst also vor der x-ten Dimension. Die Stringtheorie, die als Favorit als verbindende Erklärung von Teilchen- und Relativitätstheorie gilt, kennt sogar bis zu elf Dimensionen. Wo sie zu finden sind? Randall sagt, sie wären sehr klein, so als wären sie aufgerollt. Und weil wir uns keine präzise Vorstellung machen können, verwendet die Harvard-Professorin Bilder und Analogien, die den Nicht-Mathematikern helfen sollen. Aus der Ferne wäre ein an sich dreidimensionaler Gartenschlauch auf einem Fußballfeld nur als zweidimensionale Linie zu erkennen. Die Dimension wäre also eine Frage der Perspektive und Auflösung. „Dieser Gartenschlauch“, sagt Randall, „das ist das zusätzliche Universum.“
Randall führt das Bild des Duschvorhangs an, auf dessen Faltungen alle Materie (Licht als Photonen und Dinge als Elementarteilchen) unserer Dimension in einer Ebene angeordnet ist. Im Raum vor und hinter dem Vorhang können sich noch andere Dimensionen verstecken. Das Einzige, was nicht am Duschvorhang haften braucht, wäre die Gravitation. Das sei so, sagt Randall über das Herzstück ihrer Theorie, weil das aus Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie hervorgehe. Da sei Gravitation keine Kraft sondern eine Eigenschaft der Geometrie und deshalb nicht ortsgebunden.
Damit kann Randall auch das „Hierarchieproblem“ erklären, nämlich warum die Gravitation eigentlich so relativ schwach ist. Ein kleiner Magnet, der eine Büroklammer anzieht, kann damit schon die gesamte Masse der Erde an Kraft aushebeln. Weil Gravitation, die sozusagen von einer Dimension vor dem Duschvorhang kommt, exponentiell abnimmt, bis sie uns erreicht. Die Schwerkraft besitzt also eine Schlüsselfunktion, sie kann zwischen den Dimensionen wandern. Lisa Randall hofft in fünf Jahren den experimentellen Nachweis am 27 Kilometer langen Teilchenbeschleuniger in Genf erbracht zu haben. Dort sollen Teilchen entstehen, die aus einer anderen Dimension stammen. Matthias Hassenpflug
Matthias Hassenpflug
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