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Landeshauptstadt: „Das war ja wie ein Begräbnis“

Trauerspiel im Tonkreuz: Studio-Beschäftigte fürchten um ihre Arbeitsplätze

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Trauerspiel im Tonkreuz: Studio-Beschäftigte fürchten um ihre Arbeitsplätze Babelsberg - Das legendäre Tonkreuz, ein roter Backsteinbau. Von hier aus eroberte einst der Tonfilm die deutsche Republik. An diesem Donnerstagmorgen ist die Halle Schauplatz eines Trauerspiels. Aus allen Richtungen strömen sie herbei, die Beschäftigten von Studio Babelsberg. Der Betriebsrat hat zur Versammlung geladen, auch auf Drängen der Geschäftsführung. Doch die Mitarbeiter, manche im Anzug, andere im Blaumann, bleiben ratlos. Niemand, nicht einmal Vivendi Deutschland-Chef Thierry Potok, weiß, welche Zukunft das Studio erwartet. Und Studio-Geschäftsführer Gerhard Bergfried hat schon seinen Posten geräumt – „auf Wunsch Vivendis“. So schwant vielen Böses. „Das war ja wie ein Begräbnis da drinnen“, sagt eine Beschäftigte, als das Treffen nach einer knappen Dreiviertelstunde vorbei ist. „Jetzt hängt alles von den Investoren ab“, sagt Jan-Peter Schmarje, Vorsitzender des Betriebsrates. Und die haben bis jetzt nicht nur aus ihrem Konzept ein Geheimnis gemacht – um Christoph Fisser, der laut Medienberichten zwar den kleinen Studio Atelierbetrieb Schwabing leitet, jedoch in München eher als Gastronom bekannt sei, und Carl Woebcken, gegen dessen Berliner Animation Fonds GmbH gerade geklagt wird und die mit der Umsetzung von sieben Zeichentrick- und einem Spielfilm im Verzug sein soll, ranken sich viele Befürchtungen. Die beiden Investoren hätten keine Kenntnis vom Filmgeschäft, sagt Schmarje – und wohl auch nicht das notwendige Geld, um das Studio in Gang zu halten. Von letzten Treuhand-Nachfolgeverträgen ist die Rede, die einen Studiobetrieb und Arbeitsplatzgarantien vorschreiben, doch die Schriftsätze kennt niemand so genau. Immer wieder versichert Schmarje, er wolle „offen auf die Leute zugehen“, die das Studio gekauft haben – doch parallel wird der Druck erhöht. „Sehr spontan“ habe man die Idee gehabt, einen Brief an den Bundeskanzler zu schreiben. Das schlagzeilenträchtige Schreiben jedoch, das Schmarje und zwei Kollegen am Mittag eigenhändig am Kanzleramt abliefern, kommt nicht von ungefähr. Viele der Beschäftigten fühlen sich von der Brandenburger Landesregierung im Stich gelassen. Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns, so sagen sie, habe zu sehr auf einen Verkauf an das Studio Hamburg gedrängt. „Dadurch hat er bei Vivendi seine Glaubwürdigkeit verloren.“ Denn als der französische Konzern vergangene Woche sein Schuldenübernahme-Angebot an die NDR-Tochter erheblich absenkte, stieg Studio Hamburg bekanntlich aus. Dass es Junghanns nicht geschafft hat, Vivendi von einem Verkauf an die Münchner abzuhalten, sei „eine Enttäuschung“. Und dass Ministerpräsident Matthias Platzeck den Verkauf kritisiert, empfinden manche Studio-Mitarbeiter als blanken Hohn. „Warum hat er denn nichts dagegen getan?“

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