Landeshauptstadt: Das Wunder vom Schlaatz
Amateurfußballer brachen den Weltrekord im Dauerhallenfußball
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Am Schlaatz - Wie nasse Säcke schleppen sich die Spieler über das Feld. Ihre Gesichter sind blass, die Augen umrahmt von schwarzen Rändern. Nur die Musik, die ohrenbetäubend in die Turnhalle schallt, scheint die jungen Amateur-Sportler wachzuhalten. Doch das Spiel läuft und läuft und läuft.
Schließlich hat man in der Turnhalle der Weidenhof-Grundschule am Schilfhof großes vor: Sozialarbeiter Steffen Heise will mit „seinen“ Jugendlichen aus dem Jugendclub „Alpha“ den Weltrekord im Dauerhallenfußballspielen brechen. Noch liegt der bei 30 Stunden. Es ist Sonntag, 17.30 Uhr – und völlig unklar, ob die 22 Jugendlichen, von denen pro Mannschaft immer fünf im Feld sein müssen, wirklich bis zum Ende durchhalten. Vier Spieler sind bereits ausgefallen, haben sich Knöchel verstaucht oder die Beine geprellt. Einem hat die Anstrengung sogar auf die Verdauung geschlagen. Die Spannung in der Halle steigt merklich an.
24 Stunden vorher, am Sonnabend um die gleiche Zeit, nimmt man alles noch nicht so ernst. Um 12.10 Uhr war Anpfiff, die Spieler sind voller Elan,verausgaben sich fast schon zu sehr. Doch Heise, der selbst am Spiel teilnimmt, ist voller Optimismus. „Alle sind super motiviert“, sagt der 28-Jährige. „Es geht ja auch um etwas ganz Großes“.
Irgendwann im Laufe des letzten Jahres ist ihm die Idee gekommen, den Rekord zu brechen, der im berühmten Guiness-Buch verzeichnet ist. Wer es war, der 30 Stunden am Stück Fußball gespielt hat, weiß der „Alpha“-Sozialarbeiter nicht. Er weiß nur, dass „wir es schaffen werden“. „Allerdings“, erklärt Heise, „ist nicht garantiert, dass wir im GuinessBuch abgedruckt werden, wenn wir den Rekord tatsächlich schlagen. Deshalb muss alles akribisch dokumentiert werden. Jeder Wechsel eines Spielers, jedes Tor, Foto und Filmaufnahmen müssen zur Guiness-Zentrale nach London geschickt werden. Erst dann wird entschieden, ob man uns einträgt“, so Heise.
Doch zunächst müssen beide Mannschaften, das „Team Alpha“ und „Team Blau“ 30 Stunden lang durchhalten. „Jeder Spieler muss durchschnittlich einmal pro Stunde fünf Minuten Pause machen, darf also maximal drei Stunden durchspielen. Ausgewechselt werden darf man so oft und so lange man will. Das sind die international anerkannten ,Futsal’-Regeln, die Vorschriften für Hallenfußball“, erklärt Heise.
Sonntag, 18 Uhr: Alle Spieler haben sich 15 Minuten Zeit angespart. Zehn Minuten Pause. Eine Minute muss jetzt noch gespielt werden. Der Rekord ist so gut wie sicher. Sozialarbeiterin Tabea Mielke schaut auf die Uhr. „Noch drei Minuten“, ruft sie. In der Halle wird es hektisch. Der Weltrekord steht an. Passende Musik muss her. Man entscheidet sich für „I got the Power“ von Snap, Techno aus den frühen 90ern. „Weiter geht’s“, ruft Mielke. Anpfiff. Die letzte Minute scheint eine Ewigkeit zu dauern. Dann ist das Spiel aus. „Weltmeister“, ruft die Menge, die Spieler sind jetzt wieder voller Elan. „Wir haben es geschafft“, jubeln sie. Aus Stolz spielt man noch bis 19 Uhr. Am Ende steht es 668 zu 521 für das „Team Blau“. Der 22-jährige Steven Krull kann es noch nicht fassen. „Mir tut alles weh, aber es war einfach gut.“
Christian Klusemann
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