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Landeshauptstadt: Daumen zwei Mal hoch

Aktion „Kinder lernen helfen“ auf Potsdam-Station: Junge Lebensretter müssen sich den Notruf 112 merken

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Kinder können Leben retten. Wenn sie die Notrufnummer 112 wissen. „Kennt ihr sie noch“, fragt Lars Jähne von der Deutschen Rettungsflugwacht (DRF). Darauf haben die Viertklässler der Grundschule am Humboldtring nur gewartet. „Eins“, rufen sie, und strecken den rechten in die Höhe gerichteten Daumen vor. „Eins“, rufen sie wieder und strecken den linken Daumen in gleicher Weise nach vorn. „Zwei“, rufen sie nun lachend und führen die beiden Daumen zueinander, so dass die beiden Daumen wie eine römische Zwei aussehen. Die 112, die sitzt.

„Wir können nur so gut sein, wie es die Ersthelfer sind“, erklärte Carmen Buschkus von der Rettungsflugwacht bei der Präsentation der gemeinsam von der Techniker Krankenkasse (TK) und der DRF organisierten Mitmachtour „Kinder lernen helfen“. Gestern machte die Aktion Station in Potsdam; mehrere Schulklassen erhielten von DRF-Mitarbeitern Unterricht zu den Möglichkeiten der ersten medizinischen Hilfe. Um die Übung so realistisch wie möglich zu gestalten, haben die DRF-Trainer einen Koffer mit Verbandsutensilien und Kunstblut dabei: Damit schminken sie den Kindern kleine Wunden und zeigen ihnen, wie sie Verletzungen mit Mullbinden und Pflastern versorgen. „Wenn Blut fließt, müssen die Kinder wissen, dass es wichtig ist, Blut zu haben – und Ruhe bewahren“, erklärt Carmen Buschkus.

Es waren die fliegenden Ärzte, die darauf aufmerksam machten, dass häufig Kinder die Ersthelfer sind. Da ist das Kind, dass allein zu Hause ist – mit der Oma, die plötzlich keine Luft mehr kriegt, da ist das Kind, deren Mutter von der Leiter stürzte. Da ist der beste Freund, der sich beim gemeinsamen Spiel den Kopf aufschlägt. Viele Unfälle, zu denen die Rettungsflugwacht gerufen wird, tragen sich in den heimischen vier Wänden zu.

Aber wichtig bleibt, dass die Ärzte überhaupt gerufen werden. Die 112, die muss das Kind wissen. Carmen Buschkus erzählt den Fall eines Fünfjährigen, der diese Nummer wählte und erklärte, sein großer Bruder sei „in die Pfütze gefallen“. Der geängstigte Tonfall in des Jungen Stimme löste Alarm aus. Über eine Telefon-Peilung wurde der Ort festgestellt, der Rettungshubschrauber stieg auf und der große Bruder konnte aus dem Fluss nahe beim Haus gerettet und erfolgreich wiederbelebt werden. Was dieses Beispiel lehrt: Wichtige Lektion ist nicht nur die Kenntnis der 112, sondern auch die des eigenen Wohnortes. Ferner entscheidend: Am Apparat bleiben, erst auflegen, wenn der Mann oder die Frau vom Rettungsdienst „Tschüss“ sagt.

Welche Bedeutung Erste-Hilfe-Wissen bei Kindern zukommt, verdeutlichte gestern die Direktorin des Landesgesundheitsamtes, Gabriele Ellsäßer: Allein in Brandenburg verletzen sich im Jahr mehr als 2000 Kleinkinder und mehr als 4000 Schüler schwer. 15 Prozent der brandenburgischen Kinder erleiden bis zur Einschulung einen schweren Unfall – Knochenbrüche, Gehirnerschütterungen, Verbrühungen. Verkehrsunfälle bilden nicht den Schwerpunkt, sondern Unfälle daheim, so Gabriele Ellsäßer. Säuglinge und Kleinkindern verletzten sich sogar häufiger als in der Vergangenheit. Als Ursache nennt die Amtschefin ein verändertes Lebensumfeld der Kinder, in dem immer mehr Produkte vorkommen, die scheinbar dem Kindeswohl dienen, jedoch Gefahren in sich bergen: Es ist nicht mehr nur der klassische Wasserkocher, der zu Verbrühungen führt. Babys fallen häufiger von der Wickelkommode, weil die Seitenbegrenzung zu niedrig ist. Unfallort ist auch das Kinderbett, dessen Matratze nicht rechtzeitig gesenkt wurde. Einen starken Rückgang gebe es bei tödlichen Unfällen mit Kindern. Einen Fahrrad-Helm zu tragen oder zu Hause einen Steckdosenschutz zu verwenden ist mittlerweile Standard. Ein Herdschutzgitter dagegen leider noch nicht, mahnt Gabriele Ellsäßer.

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