Landeshauptstadt: Deich-Schäden
Untere Wasserbehörde: „Wir machen die Verursacher haftbar“
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„Sehen sie hier, Brandstellen direkt am Deichfuß.“ Frank Paul deutet auf die verkohlten Reste eines Lagerfeuers. An der Deichanlage des Großen Zernsees, wo sich im Vordeichbereich zahlreiche Gärten und Bungalows befinden, sind die von Menschen verursachten Schäden besonders augenfällig. Viele Gartenpächter benutzen den Deich als Müllhalde für ihre Abfälle. Sie scheinen nicht zu wissen, was sie damit anrichten. „Die Grasnabe kann sich nicht entwickeln und der Deich wird durchlässig“, erklärt Paul, der seit Jahrzehnten die Anlagen der Havelseen kennt. Der „Bisamjäger“, wie er sich selbst nennt, arbeitet für den Wasser- und Bodenverband „Großer Havelländischer Hauptkanal – Havelseen“ in Nauen. Dieser Verband hält die Deiche auch im Potsdamer Stadtgebiet in Ordnung. Das Landesumweltamt bezahlt diese Arbeiten.
„Wir versuchen, die Verursacher von Beschädigungen zu ermitteln und diese haftbar zu machen“, erläutert Gabriele Johannsen-Roth, Sachbearbeiterin der Unteren Wasserbehörde in Potsdam. Letztere hatte gestern alle Beteiligten zur gesetzlich vorgeschriebenen Deichschau eingeladen, um den Zustand der zirka sechs Kilometer langen Wasserschutzanlagen zwischen Großem Zernsee und Schlänitzsee zu begutachten.
Zwar konnte Sabine Bitschmann vom Landesumweltamt nach der vierstündigen Begehung feststellen, dass die Schutzfunktion der Deiche gewährleistet sei, doch im Einzelnen stellten die Fachleute eine Reihe von Blessuren fest, die in nächster Zeit beseitigt werden müssen. Nicht nur der Mensch, auch Tiere und Witterung verursachen Schäden. Frank Paul berichtet, dass er Jahr für Jahr 600 Bisamratten, die in besonderem Maße für Deichschäden verantwortlich sind, in seine Fallen lockt. Im Potsdamer Gebiet, insbesondere im Bereich Nattwerder, sind es vor allem Wildschweine, welche die Grasnabe auf der Deichkrone aufwühlen. „Hier muss der Boden wieder verdichtet werden“, sagt Johannsen-Roth. Die Aufträge dazu ergehen an den Wasser- und Bodenverband. Erleichtert zeigt sich die Sachbearbeiterin, dass die von der Telekom auf dem Deich am Nattwerder Weg widerrechtlich installierten Telefonmasten inzwischen verschwunden sind. Die Telefongesellschaft verlegte das Kabel nach Intervention der Wasserbehörde unter die Erde.
Großes Dilemma im Deichgebiet: Viele Vordeichflächen sind mit Bungalowsiedlungen und teilweise festen Häusern bebaut. Die Grundstücke reichen bis dicht ans Wasser und auf der anderen Seite bis an den Deichfuß. Bei Hochwasser sind sie schutzlos. „Eigentlich muss dieser Bereich frei sein“, sagt die Sachbearbeiterin, aber die vorhandenen Baulichkeiten hätten Bestandsschutz. Neue Baugenehmigungen würden nicht erteilt, ein Versicherungsschutz sei ausgeschlossen.
In den letzten Jahren sei die Gegend östlich von Zernsee und Wublitz zwar von Hochwasser verschont geblieben, aber eines Tages könnte das „böse Erwachen“ kommen, so Paul. Dann könnte das Wasser bei schadhaften Deichen sogar den Ortsteil Eiche gefährden. Havel und Spree mit ihren Seen und Nebenflüssen sind wie ein System zusammenhängender Röhren miteinander verbunden. Momentan würde durch das „Volllaufen“ der Tagebaue noch viel Wasser abgefangen. Wenn das aber wegfalle, könnte das Brandenburger Wehr, das „ein Glück für Potsdam“ sei, die Wassermassen in akuten Hochwasserzeiten nicht mehr stoppen.
Günter Schenke
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