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Landeshauptstadt: Dem Bussard ins Nest gesehen

Dazu steigt Michael Zerning hoch in Baumwipfel / 20 Jahre Greifvogelschutz in Potsdam

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Dazu steigt Michael Zerning hoch in Baumwipfel / 20 Jahre Greifvogelschutz in Potsdam Mehr als 20 Meter hoch klettert Michael Zerning in die Baumwipfel alter Erlen und Eichen, um nach den Gelegen und Jungen der Greifvögel zu sehen. Freundlich wird er nicht empfangen: Die Nestlinge, die er beringt, hacken nach ihm und Baumfalkenweibchen starten rasante Angriffe. Seit 20 Jahren pflegt Zerning das nicht ungefährliche Hobby, um den Bestand der Vögel zu kontrollieren und zu sichern. Zwei Jahrzehnte ist es her, seit durch Günter Kehl der Greifvogelschutz in Potsdam und Umgebung neu aufgebaut wurde. Auf 680 Quadratkilometern, heute sind es mit der veränderten Kreiseinteilung noch 400, nahm eine Handvoll Naturschützer diese Aufgabe in Angriff. Michael Zerning fällt dabei ein 63 Quadratkilometer großes Gebiet zu, das die östliche Hälfte Potsdams umfasst und hinunter bis Rehbrücke, Schenkenhost und Saarmund reicht. Was sein Revier betrifft, ist der Bestand an Turmfalken am stärksten zurückgegangen. Wurden 1991 27 Brutpaare gezählt, sind es heute 12. Noch nisten sie auf der Nikolaikirche, der Erlöserkirche und dem Landtagsgebäude, dagegen wurden ihnen durch den Abriss der Schornsteine des Heizwerks Süd, auf dem Pfingstberg, Ruinenberg, Klausberg und an vielen anderen Orten mit der Gebäudesanierung die Brutstätten genommen. Als Ersatz Brutkästen anzubieten, hat sich bewährt. Doch eine Vielzahl solcher Nisthilfen anzubringen und zu pflegen, überfordert die wenigen Greifvogelschützer. Noch stärker trifft das auf die Brutkörbe zu, wie sie Baumfalken brauchen. Ihr Bestand ist deshalb auf nur ein Paar geschrumpft. Selbst aus der vogelreichen Parforceheide sind sie verschwunden. Am Rückgang tragen auch die Krähen „Mitschuld“, deren Nester gern von den Falken okkupiert werden. Die Rabenvögel verlassen zunehmend die Feldgehölze Richtung Stadt, wo sie leichter Nahrung finden. Ähnlich negativ verläuft die Entwicklung beim Schwarzen und beim Roten Milan, von denen 2004 ebenfalls nur noch je ein Brutpaar ausgemacht werden konnte. Michael Zerning sieht die Ursachen in der Stilllegung der Rieselfelder und im Verzicht auf den Anbau von Futterpflanzen. Dadurch finden die Vögel auf den Flächen kaum noch Beutetiere. Auch der Wespenbussard ist seit 1987 ganz verschwunden. Fisch- und Seeadler kamen ohnehin schon seit DDR-Zeiten nur sporadisch ins Potsdamer Gebiet. Die letzte Kornweihe wurde 1989 bei Marquardt beobachtet, eine Rohrweihe inspizierte den vom Naturschutzbund Deutschland gepflegten Alten Nuthelauf, konnte sich aber nicht zur Brut entschließen. Michael Zerning ist jedoch kein Schwarzmaler und stellt erfreut fest, dass einige Greifvögelarten die nach der „Wende“ veränderte Bewirtschaftung von Äckern und Forsten gut überstanden haben. Dazu zählen der Habicht, dessen Bestand sich in seinem Revier von zwei auf vier Paare verdoppelt hat und der Mäusebussard mit 17 Paaren. Und er begrüßt den Sperber zurück, der in der DDR-Zeit durch den massiven Einsatz von DDT gegen Forstschädlinge fast ausgerottet war. Schon 1995 besichtigten die kleinsten aller Greifvögel die früheren Brutreviere, und seit 2003 ziehen zwei Paare in der Parforceheide wieder ihre Jungen auf. Michael Zerning ist sich sicher: „Das werden noch mehr.“ Der Leiter der bei der NABU-Fachgruppe Ornithologie angesiedelten Greifvogelschützer, Günter Kehl, weist daraufhin, dass im westlichen Beobachtungsgebiet wieder zwei Seeadlerpaare leben und südlich davon Fischadler. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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