Aus dem GERICHTSSAAL: Den Falschen angeklagt Wahrer Täter outete sich in der Verhandlung
Als sich die beiden Männer am 22. Januar in der Tram in ihre Nähe setzten und auffällig herüberschauten, beschlich Vanessa V.
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Als sich die beiden Männer am 22. Januar in der Tram in ihre Nähe setzten und auffällig herüberschauten, beschlich Vanessa V.* ein ungutes Gefühl. Instinktiv hielt sie ihr Mobiltelefon fest. Plötzlich sprang einer der beiden auf und versuchte, der 21-Jährigen das teure Handy zu entreißen. Vanessa V. spürte einen starken Schmerz in ihrer Hand. In diesem Moment hielt die Straßenbahn. Die Männer flüchteten ohne Beute.
Jetzt saß Hartz-IV-Empfänger Daniel D.* (25) wegen versuchten Raubes sowie Körperverletzung auf der Anklagebank. Er bestritt die Vorwürfe. Der vermeintliche Mittäter Paul P.* (25) war den Ermittlungsbehörden bis dahin nicht bekannt. Doch ihn plagte das schlechte Gewissen. Er stellte sich überraschend als Zeuge zur Verfügung. „Sie müssen nicht aussagen, wenn Sie sich dadurch selbst belasten würden“, belehrte die Schöffengerichtsvorsitzende den Tierpfleger. Paul P. wollte reinen Tisch machen, nahm alle Schuld auf sich. Daniel D. verließ den Verhandlungssaal als freier Mann.
„Daniel und ich waren im Casino am Hauptbahnhof. Wir haben gespielt, verloren und viel Alkohol getrunken. Die Stimmung war schlecht“, erzählte Paul P. aus Teltow. Kurz nach 18 Uhr seien sie in die Straßenbahn der Linie 92 gestiegen, Richtung Drewitz gefahren. „Ich kam auf die Idee, das Handy zu greifen. Daniel hat damit nichts zu tun. Als ich merkte, sie hält es richtig fest, habe ich losgelassen. Ich sehe ein, dass das kein Geniestreich war“, versicherte er. Ihn erwartet demnächst eine eigene Verhandlung.
„Ich stand in dem Moment unter Schock. Mein Kreislauf spielte verrückt“, erinnerte sich Vanessa V. „Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas passieren könnte. Alles ging ganz schnell.“ Der Tramfahrer rief die Polizei, die forderte einen Rettungswagen für die Potsdamerin an. Im Krankenhaus wurde ihr ein überdrehter Zeigefinger attestiert. Auf den ihr von der Polizei vorgelegten Fotos erkannte die junge Mutter nur Daniel D. wieder, auf den sich die Ermittlungen konzentrierten.
Zumindest Mittäterschaft am versuchten Handyraub und der Körperverletzung sei Daniel D. anzulasten, führte der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer aus. Daher sei der wegen zweifachen Diebstahls Vorbelastete zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, die zu dreijähriger Bewährung ausgesetzt werden solle, zu verurteilen. Das sah das Schöffengericht anders. Das Video der Überwachungskamera der Bahn zeigt eindeutig, dass er bereits an der Tür steht, während Vanessa V. ihr Eigentum noch verteidigt. So ist ein Freispruch wahrscheinlich. (*Namen geändert.) Hoga
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