HEYES Woche: Denglisch ins Grundgesetz
Mensch Meyer, ist man versucht, auszurufen, angesichts jüngsten Einfallsreichtums in der politischen Debatte. Deutsch ins Grundgesetz fordert die CDU.
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Mensch Meyer, ist man versucht, auszurufen, angesichts jüngsten Einfallsreichtums in der politischen Debatte. Deutsch ins Grundgesetz fordert die CDU. Wenn es nach den Konservativen geht, steht künftig in der Verfassung wie in Stein gemeißelt: „Die Sprache in der Bundesrepublik ist Deutsch“. Welches Deutsch? Agenda-Setting heißt es neudeutsch, wenn eine Partei, ein Verband ein Thema ins Gespräch bringen will, mit dem es hofft, ein breites Publikum für die eigenen Interessen einspannen zu können. Und um Lobby zu machen, braucht es Lobbyisten. Das englisch durchsetzte Deutsch, auch Denglisch genannt, erobert die Alltagssprache. Jeder Tag mehr, der vergeht, produziert eine neue Eindeutschung englischer Begriffe: Den PC, unseren Personal Computer, kennen wir ja schon. Den brauchen wir zum Einscannen und Anmailen. Manchmal muss er resettet werden. Wenn wir den Short Message Service nutzen, nennen wir das simsen. Die Liste unseres denglishen Wortschatzes könnte uferlos fortgesetzt werden. Wir sprechen so eine Art McDeutsch. Also auch Denglisch ins Grundgesetz?
Deutsch im Grundgesetz beglückt künftig gewiss alle, die wir als Einwanderer brauchen, um die zurück gehende Fertilität der Deutschen auszugleichen. Sollte das vielleicht das heimliche Motiv der CDU sein? Wenn schon immer weniger Deutsche geboren werden, wollen wir wenigstens ihre Sprache bewahren? Da wird mir ganz blümerant. Da wundert man sich, dass die Union mit ihrem Beschluss zur deutschen Sprache so halbherzig umgegangen ist. Eigentlich hätte sie eine Sprachpolizei fordern müssen, der wiederum verfassungsfest mitzugeben wäre: Die Sprache der Computer ist Deutsch. Das Bundeskriminalamt wäre für diese neue Aufgabe sicher dankbar.
Ich dagegen bin sicher, in wenigen Jahren wird sich in unserem Vokabular auch manche türkische Vokabel einnisten; den Döner haben wir ja schon. So wie der Berliner Jargon ohne französischen Einfluss nicht zu ihrer Bulette gekommen wäre. Am Berliner Hof wurde eben auch gerne französisch parliert: Sanssouci. Dies ist dem Toleranzedikt zu danken, mit dem der große Kurfürst im Jahre 1685 die Hugenotten in die Sandbüchse lockte. Und das war segensreich für Brandenburg. Nichts von seiner Toleranz und Anziehungskraft wäre dem in seinen Anfängen so aufgeklärten Preußen geblieben, hätte der große Kurfürst etwa seinen Einwanderern befohlen: „Die Sprache der Brandenburger ist Deutsch.“
Uwe-Karsten Heye schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor war Redenschreiber bei Willy Brandt und Regierungssprecher von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder. Heute lebt Uwe-Karsten Heye mit seiner Familie in Babelsberg und arbeitet dort als Autor und Publizist.
Uwe-Karsten Heye
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