Landeshauptstadt: Dennoch modern geplant
Warum sich die Landtagsplaner so weit vom Landtagsbeschluss entfernten
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Nachdem durchgesickert war, wie die Entwürfe für den Landtagsneubau auf dem Alten Markt aussehen würden, herrschte allgemeine Verwunderung in der Stadt. Hatten die Landtagsabgeordneten nicht beschlossen, dass sich die Entwürfe so nah wie möglich an der historischen Fassade zu orientieren haben? „Außenseitig werden Putz- und Fassadengliederungsflächen nach historischem Vorbild vorgenommen“, so steht es im Beschluss des Landtages. Und nun waren fünf der sechs Entwürfe mehr oder weniger Würfel aus Glas und Beton, lediglich ein Entwurf machte wenigstens den Versuch, sich den Vorgaben der Landtagsabgeordneten anzunähern. „Fünf mal die Note Fünf, einmal die Note Drei“, so die Wertung eines Jurymitglieds.
Was aber hatte die Konsortien veranlasst, anders zu planen, als es die eigentliche Beschlusslage vorsah? Für Michael Schöne, Vorsitzender des Vereins Potsdamer Stadtschloss, der sich für einen Landtag nach historischem Vorbild einsetzt, ist das Ganze kein Zufall. Schließlich habe der letzte Satz in den Entwurfszielen in den Vergabeunterlagen den Konsortien ausdrücklich die Chance eingeräumt, abweichende Entwürfe einzureichen ohne dass sie dafür vom Verfahren ausgeschlossen worden wären. Schöne: „Der betreffende Passus in den Entwurfszielen schuf erst die Möglichkeit einen politischen Willen durchzusetzen, der dem Landtagsbeschluss widerspricht.“ Wie Schöne weiter sagte, hätten Vertreter von den am Wettbewerb beteiligten Unternehmen ihm gegenüber geäußert, dass sie „Angst davor hatten, mit einem zu sehr am Historischen angelehnten Entwurf zu scheitern“. So sei auch die Zusammensetzung der Jury ein „klares Indiz“ dafür gewesen, „dass ein moderner Bau gewollt war“. Der Schlusssatz der Entwicklungsziele sei die „indirekte Aufforderung zum Abweichen vom Landtagsbeschluss“ gewesen.
Jurymitglied Wieland Niekisch auf die Frage nach den Gründen für die fast ausschließlich modernen Landtagsentwürfe : „Dazu kann ich keine Stellung nehmen. Allerdings ist mir immer versichert worden, dass der Beschluss des Landtages neben der Machbarkeitsstudie und den Entwicklungszielen integraler und substanzieller Bestandteil der Ausschreibung sei.“ Ein anderes Mitglied der Jury erklärte: „Es war nicht die Schuld der Konsortien, dass letztendlich modern geplant wurde – das war intern die Vorgabe.“
Für Rechtsanwalt Dr. Thomas Mestwerdt, ein renommierter Anwalt auf dem Gebiet des Vergaberechts, sind die Entwurfsziele so formuliert worden, „dass die eigentlichen Vorgaben nicht mehr eingehalten werden mussten“. Nur so sei erklärlich, dass die Konsortien modern geplant hätten und nicht ausgeschlossen wurden. „Alle während des Wettbewerbs geäußerten Befürchtungen sind berechtigt gewesen“, so Mestwerdt. Die 20-Millionen-Spende von Hasso Plattner, die nunmehr eine Fassade nach historischem Vorbild ermögliche, sei „Rettung in letzter Sekunde“ gewesen.
Im Finanzministerium wird die ganze Angelegenheit als „Sturm im Wasserglas“ bezeichnet. Ministeriums-Sprecher Ingo Decker bezeichnete den Passus als „gewissermaßen vergaberechtliche Vorsichtsmaßnahme“. Es sollte sichergestellt werden, dass „gewisse Entwicklungen nicht automatisch zum Ausschluss führen würden“. SPD-Fraktionschef Günter Baaske wiegelt ebenfalls ab: „Jeder Entwurf, der sich nicht an den Landtagsbeschluss hält, musste auch damit rechnen, dass er durchfällt.“ Und dennoch haben die Konsortien modern geplant
Michael Erbach
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