zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Der Abschied einer Koryphäe

Hans-Werner Mihan hielt seinen letzten Vortrag

Stand:

Hans-Werner Mihan hielt seinen letzten Vortrag Hans-Werner Mihan nimmt Abschied. Am Mittwoch hielt der 78-jährige Potsdamer wieder einmal seinen Vortrag über die Bombennacht von Potsdam. Diese Nacht zum 15. April 1945 ist ihm zur Lebensaufgabe geworden. Das Erinnern und Gedenken nach 60 Jahren in den vergangenen Wochen hat ihn arg in Anspruch genommen. Gespräche, Interviews, Fernsehtermin: er war ein gefragter Mann. Hans-Werner Mihans Vortrag vor den gut 60 Zuhörern im Alten Rathaus war der letzte. Von der öffentlichen Bühne zieht er sich nun zurück. Hans-Werner Mihan hat als 16-Jähriger den englischen Bombenangriff auf Potsdam miterlebt. Seit 1943 war er als Luftwaffenhelfer im Raum Berlin eingesetzt. Was Luftangriffe betraf, der hatte er schon Erfahrungen. „Ich musste den Angriff nicht mehr über mich ergehen lassen.“ Hans-Werner Mihan wusste was kommt, wenn das Brummen der Flugzeuge zu hören war. Die Bomben auf Potsdam überraschten ihn dann doch. Bis 1990 blieb für Hans-Werner Mihan die Nacht von Potsdam nur persönliche Erinnerung. Doch die vielen verschiedenen Geschichten, die Gerüchte und Legenden machten ihn neugierig, mehr zu erfahren. Er begann zu fragen und zu forschen und beschränkte sich dabei nicht nur auf die Stadtgrenzen. Mit den Jahren hat Hans-Werner Mihan so immer mehr Informationen über das, was in der Nacht zum 15. April 1945 in und über Potsdam geschah, zusammengetragen. Er knüpfte Kontakte nach England, um dort in Archiven jede noch so kleine Notiz über den Luftangriff zu lesen. Er suchte nach ehemaligen Piloten oder Crewmitgliedern der 490 Lancaster-Bomber, die über Potsdam ihre tödliche Last abwarfen. Hans-Werner Mihan hat alte Luftaufnahmen von Potsdam vor und nach dem Angriff studiert und jeden noch so kleinen Krater untersucht und zugeordnet. Er hat gerechnet und verglichen, Flugrouten rekonstruiert und selbst den Wetterbericht des 14. und 15. April 1945 befragt. Hans-Werner Mihan ist so vielleicht zu dem Experten für den Bombenangriff geworden. Sein Buch „Die Nacht von Potsdam“, 1997 erschienen, harrt noch immer einer Neuauflage. Doch Geld und Verträge verhindern dies bis heute. So musste Hans-Werner Mihan immer wieder über die Nacht von Potsdam erzählen. Das hat an ihm gezehrt. „Ich bin ein alter Mann“, erklärt er trocken auf die Frage nach dem Warum seines Rückzuges. Die letzten Wochen waren anstrengend, doch seine Gefühle hat das nicht aufgewühlt. Als er im August 1946 aus russischer Kriegsgefangenschaft wieder kam, da hat er sich hingesetzt und seine Tagebuchaufzeichnungen abgeschrieben. Schon damals, mit der erneuten Auseinandersetzung des Erlebten, hatte sich Hans-Werner Mihan intensiv mit seinen Gefühlen auseinander gesetzt. Dirk Becker

Dirk Becker

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })