Aus dem GERICHTSSAAL: „Der auf dem Foto ist mein Bruder!“ Gutachten soll Identität des Rasers klären
Mit Bußgeldverfahren startete das Amtsgericht gestern ins neue Jahr. Wegen der Witterungsverhältnisse kamen viele ertappte Verkehrssünder zu spät, da sie sich mit ihren Autos nur langsam auf eis- und schneebedeckten Straßen bewegen konnten.
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Mit Bußgeldverfahren startete das Amtsgericht gestern ins neue Jahr. Wegen der Witterungsverhältnisse kamen viele ertappte Verkehrssünder zu spät, da sie sich mit ihren Autos nur langsam auf eis- und schneebedeckten Straßen bewegen konnten. So wie Christian C.* aus Dresden. Am 18. Juni vorigen Jahres soll der Mann auf der Autobahn in Richtung Potsdam allerdings viel zu schnell unterwegs gewesen sein. Statt mit 80 Stundenkilometern, wie erlaubt, fuhr Christian C. laut Geschwindigkeitsmessprotokoll der Polizei satte 126 Sachen. „Das da auf dem Bild bin ich nicht. Das ist mein Bruder Cornelius*“, konterte der Sachse. Deshalb legte er auch Einspruch gegen den Bußgeldbescheid über 100 Euro, der zudem ein einmonatiges Fahrverbot einschloss, ein. „Eine gewisse Familienähnlichkeit ist zweifellos vorhanden“, gab Richterin Schilling nach prüfendem Blick auf das Blitzerfoto zu bedenken. Dann fragte sie: „Haben Sie familiäre Streitigkeiten, dass Cornelius – vorausgesetzt, er war wirklich der Fahrer – Sie in die Sache reingerissen hat? Gibt es vielleicht noch mehr Brüder passenden Alters, die als Fahrer infrage kämen?“ Außer Cornelius sei da noch Constantin*, antwortete Christian C. Doch der sei seines Wissens am Tattag zu Hause gewesen. Um ganz sicher zu gehen, dass der Richtige zur Kasse gebeten wird, ordnete die Richterin ein Sachverständigengutachten an. Das soll mittels Vergleichsfonds aller drei Brüder belegen, wer von dem Trio damals zu viel Gas gab.
Wegen 50 Euro Geldbuße gab sich Witali W.* anschließend kämpferisch. Der in Potsdam lebende Russe soll am Abend des 4. Juli 2008 an der Kreuzung Nuthe-/Neuendorfer Straße das Haltegebot am Grünpfeil missachtet, trotz Ampelrot freiweg nach rechts abgebogen sein. „Diese Kreuzung ist kompliziert. Die kann man gar nicht durchfahren, ohne anzuhalten“, übersetzte Dolmetscherin Tatjana Lötzsch die aufgebrachte Rede des älteren Herrn. Er wisse zwar, dass er an der Haltelinie stoppen müsse. Doch die sei zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr sichtbar gewesen. Deshalb habe er kurz vor der Ampel gehalten, sich vergewissert, dass die Straße frei sei.
„Wir führten eine gezielte Kontrolle von Rotlichtverstößen während des Rechtsabbiegens durch. Der Herr überfuhr die Haltelinie, dann setzte er seine Fahrt fort“, erinnerte sich ein in den Zeugenstand gerufener Polizeibeamter. Er versicherte, die Fahrbahnmarkierung sei einwandfrei, die Beleuchtung der Straße in Ordnung gewesen. Die Verteidigerin des Russen bat um eine kleine Pause, besprach sich mit ihrem Mandanten. Dann erklärte sie: „Wir nehmen den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurück.“ (*Namen geändert.) Hoga
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