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Sport: Der Bob-Oldie

Alexander Metzger startet bei Olympia in Cesana und feiert dort im Vierer seinen 33. Geburtstag

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Schon vor gut vier Jahren träumte er von Olympia-Fuhren auf der Bobbahn, in der kommenden Woche sollen sie nun endlich Wirklichkeit werden. Alexander Metzger, der „Senior“ der deutschen Bobfahrer bei den Olympischen Winterspielen in Turin, wird hinter seinem Winterberger Piloten René Spies in Cesana zu Tal rasen. Seinen 33. Geburtstag am Mittwoch nächster Woche wird der Anschieber zeitweise im Eiskanal erleben – wenn der Spies-Vierer seine Trainingsläufe für die Olympia-Entscheidung am Freitag/Sonnabend absolviert. „Probleme habe ich damit nicht, das ist mir in den vergangenen Jahren immer wieder während der Weltmeisterschaften passiert und daher nichts Besonderes“, meint Metzger, der mit Freundin Doreen in Schildow bei Hohen Neuendorf wohnt. „Das Geschenk von meiner Freundin bekomme ich halt etwas später, und vielleicht macht mir unser Team ja im Wettkampf selbst das größte Geschenk.“

Während Deutschlands Vorzeige- Crew um den Suhler André Lange und dessen Oberhofer Crew mit dem Potsdamer Anschieber Kevin Kuske zu den Gold-Favoriten zählt, bäckt das Spies- Team etwas kleinere Olympia-Brötchen. „Wir wollen in Turin unter die Top-Fünf kommen“, meint Metzger. „Wenn wir vier blitzsaubere Fahrten erwischen, ist vieles möglich. Von einer Medaille zu sprechen wäre allerdings zu vermessen, denn es gibt viele saustarke Teams, an denen schwer vorbeizukommen ist.“ Um möglichst weit vorn mitmischen zu können, haben sich René Spies und seine Anschieber Christoph Heyer (Erfurt), Enrico Kühn (Bad Langensalza) und Alexander Metzger intensivst auf das Unternehmen Olympia vorbereitet. „Wir haben nur eine Chance, wenn wir vom Start weg topfit sind. Spies kann ausgezeichnet fahren, unser Material stimmt, alles wird auf einen starken Start ankommen“, glaubt der Sportsoldat.

Streng genommen ist Metzger kein Potsdamer, „aber ich fühle mich hier auch zu Hause, denn die Hälfte meiner Zeit als Bobsportler verbringe ich in Potsdam“, sagt der 1,81-Meter-Mann, der seit Jahren im Luftschiffhafen trainiert. Geboren wurde er in Rudolstadt, als er ein Jahr alt war, flüchtete seine Mutter mit ihm ins damalige Westberlin. „Ich bin deshalb in Neukölln und im Wedding groß geworden, wo ich auch lange Leichtathlet war“, erinnert sich der einstige Blockmehrkampfmeister der Junioren. „Der Mehrkampf hat aber viel Zeit gekostet, und als ich eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann begann, wurde die Belastung zu groß, daher konzentrierte ich mich damals auf Hürdenlauf und Weitsprung.“ Nach seinem Ausbildungsende 1997 lotste ihn dann der einstige Berliner Diskuswerfer Lars Bolte zum Altenberger Bobteam Matthias Beneschs, wo er bereits als Anschieber eine neue sportliche Heimat gefunden hatte und wo auch Metzger eine neue Herausforderung fand. „Dort habe ich meine ersten Fahrten gemacht und auf der harten Bahn gleich gemerkt, was Sache ist“, blickt Metzger heute zurück.

Zwei Jahre fuhr der damalige Berliner bei Benesch, dann wechselte er zu Erfolgsfahrer Christoph Langen nach Unterhaching, mit dessen Vierer er 2001 Weltmeister wurde. Was natürlich Metzgers Hoffnungen auf Olympia 2002 in Salt Lake City vergrößerte. „Doch als die Olympia-Saison begann, musste ich wegen einer Wadenverletzung zuschauen, und als ich im Januar wieder genesen war, war der Zug nach Salt Lake City schon abgefahren“, erinnert sich der Anschieber, der zu jener Zeit in Kleinmachnow wohnte. Statt seiner flog der Potsdamer Stefan Barucha mit dem Langen-Team nach Übersee, wo der Bayer aber nach seinem Zweier-Triumph die Vierer-Konkurrenz nach zwei der vier Läufe verletzungsbedingt aufgeben musste.

Ebenso wie der Pilot gab aber auch sein Anschieber Alexander Metzger nach diesem Rückschlag nicht auf. „Im Sport gibt es immer Höhen und Tiefen, und ich habe mir damals gesagt: Im nächsten Jahr wird es wieder besser klappen.“ Noch im Herbst 2002 versuchte er sich auf der Winterberger Bahn mal selbst als Pilot, „aber nach der ersten, erfolgreichen Fahrte bin ich bei der zweiten im Zielbereich gestürzt und habe das Können der Piloten noch mehr schätzen gelernt“, weiß Metzger noch heute. Also blieb er Anschieber und konnte sich als solcher 2003 über WM-Bronze mit dem Vierer freuen.

Seit Sommer 2004 trainiert Metzger im Potsdamer Luftschiffhafen gemeinsam mit weiteren Anschiebern unter den Fittichen von Athletiktrainer Carsten Embach, der 2002 selbst Viererbob-Olympiasieger wurde. „Wir sind eine richtig starke Trainingsgruppe, in der sich jeder an der Leistung der anderen hochzieht“, erzählt der Olympia-Starter, über den Embach sagt: „Vom Spirit unserer großen Gruppe hat Alex am meisten profitiert, denn früher konnte er sich bei seinem Training allein oft nur schwer motivieren.“

Außerdem hatte Metzger Glück, nach dem Rücktritt Christoph Langens vom aktiven Sport 2005 mit René Spies einen neuen Erfolgs-Piloten zu bekommen. „Spies ist viel ruhiger und gelassener als mein früherer Pilot und verlässt sich mehr auf andere, während Langen sehr introvertiert war und das meiste selbst entschied“, beschreibt er die beiden Männer an den Steuerseilen. Langen berät nun in dieser Saison den Winterberger, seine einstigen Anschieber Metzger, Heyder und Kühn brachten den Spies-Vierer richtig in Fahrt Richtung Turin. In dieser Weltcup-Saison landete das Quartett in Igls und Königssee jeweils auf Rang drei, und in allen Rennen war es schneller als der Vierer des großen Olympiaqualifikations-Kontrahenten Matthias Höpfner (Riesa) mit dem Potsdamer Andreas Barucha. Das gab letztendlich den Ausschlag bei der Ticket-Vergabe.

Wie immer mal wieder in den vergangenen Jahren schob Alexander Metzger auch beim diesjährigen Weltcup in Cortina d''Ampezzo hinter André Lange den Zweier (6. Platz) und Vierer (8.) an. „Ich bin immer mal wieder bei André eingesprungen. Für den Zweier bin ich mit meinen 98 Kilo aber eigentlich zu leicht“, räumt er ein. Und zum Oberhofer Piloten meint er: „André fährt ungemein sauber und ist psychisch enorm stark, so dass er auch in brenzligen Situationen noch etwas raufpacken kann. Das zeichnet einen Ausnahmepiloten aus.“

Am Freitag fliegt Metzger mit der Spies-Crew nach Turin, das Mitte Januar 2005 beim dortigen Weltcup hinter den Vierern des Schweizers Martin Annen und des Kanadiers Pierre Lueders Dritter geworden war. „Damals fehlten allerdings André Lange und der Amerikaner Todd Hays“, gibt Metzger zu bedenken. Trotzdem will er optimistisch antreten, um auf dem Hochgeschwindigkeitskurs von Cesana endlich seine olympische Feuertaufe zu erleben. Manchmal werden Träume doch noch wahr.

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