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Landeshauptstadt: Der Bock als Gärtner

Erstmals seit 30 Jahren werden in Sanssouci wieder Schafe als Landschaftspfleger eingesetzt

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Sanssouci - Seit gestern Nachmittag weiden auf der Wiese zwischen Triumphtor und Winzerberg zehn Skudden. Petra Hermann, die in Göhlsdorf bei Kloster Lehnin einen Erlebnisbauernhof, den Koboldhof, betreibt, brachte die Landschafe nach Potsdam. Sie sollen auf der Wiese das Gras kurz halten. Die Idee hatte Peter Räsch, der zu den Gründungsmitgliedern des Bauvereins der „Freunde des Winzerbergs“ zählt, die den verfallenen Weinberg Friedrichs des Großen sanieren und zu einer Touristenattraktion machen wollen. Dazu trägt Räsch mit seinem Holzfachzentrum Potsdam wesentlich bei.

Skudden gibt es schon seit 2000 Jahren, und sie sind damit nicht nur die kleinste, sondern auch die älteste mitteleuropäische Schafrasse. Gezüchtet wurden sie zuerst in Schleswig, bald schon auch in Ostpreußen und im Baltikum. Da sie weniger Fleisch liefern als Großschafe, schien ihr Schicksal besiegelt. Anfang der 80er Jahre gab es weltweit nur noch 200 Skudden. Inzwischen weiden allein in Deutschland wieder 2500 Landschafe, die gegenüber Witterungseinflüssen äußerst robust sind und sich deshalb vor allem zur Landschaftspflege eignen.

Diese Aufgabe haben nun auch bis weit in den Spätherbst hinein die zehn Skudden vom Winzerberg. Die Gartenabteilung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten hat dem Projekt zugestimmt. Wie die PNN vom stellvertretenden Gartendirektor Dr. Jörg Wacker erfuhren, wurden allerdings einige Auflagen erteilt. Die Tiere müssen von den Terrassen und von den beiden noch unter Lenné gepflanzten alten Platanen fern gehalten werden, da ihr Dung einen Brennesselaufwuchs fördern würde. Die Genehmigung wurde zunächst für eine Probezeit von einem Jahr erteilt.

Jörg Wacker hat keine Bedenken gegen den Einsatz der Skudden, denn Schafe seien für die kostengünstige Landschaftspflege gut geeignet. Davon war auch der frühere Gartendirektor Dr. Harri Günther ausgegangen, als er Ende der 60er Jahre erstmals Schafe in den Park holte. Auf den für sie im Parkteil Charlottenhof, am Klausberg und längs des Ökonomieweges freigegebenen Wiesen leistete die mehr als 100-köpfige Herde gute Dienste, zumal es der Parkverwaltung an Arbeitskräften und Mähtechnik fehlte.

Damals kam jeweils im Juni mit seinen Tieren ein Wanderschäfer aus Wurzen. Für die Touristen waren die Schafe mit ihren Pfingstlämmern eine zusätzliche Attraktion. Die Idylle währte allerdings nicht lange. Die Tiere waren in den ersten Jahren Eigentum des Schäfers, da die Wurzener LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) dem so genannten Typ I angehörte, in den die Bauern nur das Land, nicht aber ihr Vieh einbrachten. Mit dem Übergang zum Typ III wurden dann auch die Tiere genossenschaftliches Eigentum. Dies muss dem Schäfer die Motivation genommen haben, denn er ließ seine Herde immer öfter allein. Die hungrigen Tiere brachen von den abgeweideten Stellen aus und fraßen in einer Golmer Kleingartensparte die Gemüsepflanzungen ratzekahl ab. Der Schäfer wurde gekündigt und musste sich vorzeitig auf den Rückweg nach Wurzen machen. Hinter Michendorf ließ er seine Herde allein, und nach Protesten der Einwohner alarmierte die Gartenverwaltung die Wurzener LPG, die die im Ort umherirrrendenTiere dann heimholte.

Von den Skudden auf am Winzerberg indes ist kein Ärger zu befürchten. Von der eingefriedeten Wiese kommen sie nicht herunter und gelten außerdem als außerordentlich standorttreu.

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