Landeshauptstadt: Der „Dom“ ist keine leere Hülle
St. Nikolai-Kirchgemeinde feierte Festgottesdienst zum 25-jährigen Jubiläum / Anschluss vom Zentrum Ost angestrebt
Stand:
Innenstadt – In geheimer Abstimmung bestimmten die Vertreter von drei evangelischen Kirchengemeinden vor 25 Jahren, welchen Namen ihre gemeinsame Gemeinde künftig tragen soll. An diese schwierige Prozedur erinnerte Pfarrerin Susanne Weichenhan gestern im Festgottesdienst zum 25-jährigen Jubiläum der St. Nikolai-Kirchgemeinde.
Keine der einstigen drei Gemeinden Heiligegeist, Teltower Vorstadt und St. Nikolai verfügte damals über ein anständiges Gotteshaus. So war es eine glückliche Fügung, dass sie in der seit 1981 wieder nutzbaren Nikolaikirche eine gemeinsame Heimstatt finden konnten. Nach Beseitigen der Seitenemporen verkleinerte sich zwar der Innenraum erheblich, doch sorgte eine Stahlkonstruktion auf je zwei Etagen für neue Nebenräume, so dass seitdem keine weiteren Räumlichkeiten erforderlich sind. Der damalige Wiederaufbau war unter anderem durch die materielle und finanzielle Unterstützung der westdeutschen Kirchen möglich.
„Auch der schönste Dom kann eine leere Hülle sein“, sagte Pfarrerin Weichenhan in ihrer Festpredigt warnend. Von der Aktivität der Gemeindemitglieder hänge die Rolle der Nikolaikirche als Kristallisationskern und Ort der Integration ab. St. Nikolai will bekanntermaßen eine „offene Kirche“ sein. Schon in der ersten „innerkirchlichen Information“ der drei Gemeinden heißt es 1983: „Möge der Herr auch schenken, dass unser gemeinsames Gotteshaus, die St. Nikolaikirche, zu einem Quell-Ort geistlichen Lebens wird, nicht nur für uns, sondern auch für alle anderen, die die Kirche betreten.“
Laut Gemeindesprecherin Anja Kriebel zählt die Gemeinde derzeit 2200 Mitglieder. Deren Zahl dürfte auf 3000 anwachsen, wenn die beabsichtige Fusion mit dem Zentrum Ost zustande kommt. Zum gestrigen Festgottesdienst mit Heiligem Abendmahl kamen etwa hundert Menschen. Zum Teil war der geringe Besuch dem gestern Morgen aufgetretenen gefährlichen Glatteis geschuldet, der viele vom Kirchgang abgehalten haben dürfte. Zur Feier des Tages hatten die beiden Pfarrer im Ruhestand Dietmar Beuchel und Wolfgang Hering vor dem Altar Platz genommen. Hering, der einen Teil des Gottesdienstes zelebrierte, erschien im weißen Talar wie ein aktiver Pfarrer, Beuchel beschied sich mit dem schwarzen Anzug. „Ich habe doch den Talar schon lange ausgezogen“, sagt der Ruheständler. Hering erinnert sich noch gut an die Zeit nach dem Auszug der Gemeinde aus dem Nikolaisaal. Der damalige Stadtrat für Kultur habe Gefallen an dem Raum mit der Orgel gefunden und daher habe Potsdam den Nikolaisaal der Kirche 1984 abgekauft. Bis zur Stilllegung und Umbau nach der Wende hatte ihn das Hans-Otto-Theater genutzt.
Die Anstrengungen um den baulichen Erhalt der Schinkel-Kirche begleiten die 25 Jahre des Bestehens der fusionierten St. Nikolaikirchgemeinde. Ende dieses Jahres dürfte die Restaurierung einen gewissen Abschluss finden. Die Kirchengemeinde muss weit über zwei Millionen Euro als Finanzierungsbeitrag für die Wiederherstellung der Außenhülle, die insgesamt 5,2 Millionen Euro kostet, aufbringen. Sie sucht daher nach Mitteln und Wegen, ihre finanziellen Lasten abzubauen. Bis 2009 will sie auf dem Kolonnadendach in 42 Metern Höhe einen Aussichtspunkt für die Öffentlichkeit schaffen. Die Einnahmen daraus sollen laut Gemeindekirchenrat Joachim Uhlig zur Tilgung der Zinsen dienen. Im Zuge der Restaurierung entsteht wieder der Palmettenkranz am Fuße der Kolonnaden. Die Kirche wirbt auf einem im Vorraum ausliegenden Flugblatt um „Palmetten-Patenschaften“ , das heißt um zahlungskräftige Spender. Die 86 Zentimeter hohen aus Kupfer getriebenen Teile, insgesamt 98 Stück, kosten pro Exemplar 1500 Euro. Sie erhalten auf der Rückseite die Namensinschrift des Spenders. Wie Sprecherin Kriebel mitteilt, hätten bereits zehn Palmetten einen Paten gefunden.
Günter Schenke
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: