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Landeshauptstadt: Der doppelte Bonn-Club

Am 6. März 1990 endete die Gründung mit einer fast zwei Jahre anhaltenden Kontroverse

Stand:

Für einen Potsdamer Bonn-Club hatten sich laut Auskunft des Rates der Stadt Ende Februar 1990 bereits 400 Interessenten gemeldet. Dies teilte nicht etwa Peter Richert, der Initiator für den Club, sondern Ute Röthling (SED), die Stadträtin für internationale Beziehungen, auf der wöchentlichen Ratspressekonferenz mit. Für sie war Bonn nach wie vor „Ausland“. Zum 6. März berief sie die Gründungsversammlung in die zum Touristen- und Congreßhotel mutierte Bezirksparteischule in der Waldstadt ein, deren Empfangschef der vormalige Sekretär des Rates der Stadt war. Dort leitete der Schriftsteller Walter Flegel als Vorsitzender der Ständigen Kommission Kultur der Stadtverordnetenversammlung die Veranstaltung, zu der 200 Potsdamer erschienen waren. Zu den Gästen zählten Bonns Verwaltungschef Oberstadtdirektor Dieter Diekmann und der prominente Fernsehjournalist Rainer Appel, der für die damalige deutsche Hauptstadt die Gründung eines Potsdam-Clubs vorbereitete.

Was dann am 14. März 1990 in Bonn problemlos klappte, ging in Potsdam schief: Dass es einen Ferienaustausch von Jugendlichen, auf Vereinsebene und im kulturellen Bereich geben sollte, erschien vielen als unzureichend. Gefordert wurde der ungehinderte Verkehr der Bürger von Stadt zu Stadt. Nach längerer kontroverser Diskussion gelang es den Veranstaltern dann doch, einen amtierenden Clubrat zu bilden. Damit galt der Verein als gegründet. Jeder Interessent sollte nach Meldung bei Richert ohne Antrag aufgenommen werden.

Das nahmen die Opponenten nicht hin, die sich für einen von SED-Einfluss freien Bürgerverein ausgesprochen hatten. Sie wandten sich gegen staatliche Gängelung des Clubs, gegen die Zusammensetzung des Vorbereitungskomitees, das wesentlich aus Funktionären des alten Systems bestand, gegen die Leitung der Gründungsversammlung durch einen ehemaligen ranghohen Offizier der Volksarmee und Militärschriftsteller und den Tagungsort, der als ehemalige SED-Parteischule „zwiespältige Ahnungen“ ausgelöst habe. Im Vorgängerblatt der PNN, den Brandenburgischen Neuesten Nachrichten, teilten sie am 13. März die Gründung eines zweiten, unabhängigen Bonn-Clubs mit. Initiatoren waren der Arzt Frank Rothmann, der den Vorsitz übernahm, und der als Bürgerrechtler bekannt gewordene Manfred Kruczek.

Rainer Appel habe ihm von Anfang an das Gefühl gegeben, mit dem unabhängigen Bonn-Club zu sympathisieren, erinnert sich Kruczek. Als Vorsitzender des Bonner Potsdam Clubs behandelte der Fernsehjournalist, der dann auch die erste im Osten aufgenommene Folge seiner Talkshow „Bürger fragen den Bundespräsidenten“ in den Neuen Kammern von Sanssouci veranstaltete, beide Clubs absolut gleichrangig. So lud er je drei Vorstandsmitglieder des offiziellen und des unabhängigen Clubs nach Bonn zu Gesprächen ein. „Beim Frühstück morgens im Hotel setzten sich die beiden Gruppen an verschiedene Tische“, berichtet Kruczek. „So tief waren die Gräben.“

Immerhin dauerte es bis Anfang 1991, ehe sich beide Seiten auf Neuwahlen für einen gemeinsamen Verein einigen konnten. Dabei setzten sich die Vertreter der „Unabhängigen“ durch. Der neue Club konstituierte sich am 31. Januar 1991. „Diesen Tag betrachten wir als offizielles Gründungsdatum unseres Vereins“, sagt der heutige Vorsitzende Wigor Webers. „Unser 20-jähriges Bestehen werden wir demnach bezogen auf den letzten Januartag des nächsten Jahres begehen.“ Holger Hindorf, sein Kollege vom Bonner Potsdam-Club, hat dagegen alle Veranlassung, das Vereinsjubiläum bereits jetzt zu feiern. Nicht am 14., aber am 17. März soll dies geschehen. Dazu werden auch Gäste aus Potsdam begrüßt. E. Hohenstein

E. HohensteinD

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