Landeshauptstadt: Der Eiche 500 droht die Fällung
Gutachten zur Alleebepflanzung der Berliner Straße wurde Naturschutzverbänden vorgestellt
Stand:
Berliner Vorstadt - Ein verwittertes Schild mit der Eule weist die riesige 250-jährige Eiche nahe der Ecke Berliner und Behlertstraße noch als Naturdenkmal aus, doch das ist sie nicht mehr. Neuen gesetzlichen Regelungen folgend wurde die Liste der Naturdenkmale zusammengestrichen, damit verlor auch die bis auf den Alten Fritzen zurückgehende Eichenallee in der Berliner Straße ihren besonderen Schutz.
Dennoch können die prachtvollen Bäume nicht so ohne weiteres gefällt oder stark abgesetzt werden. Dazu müssen vorher die anerkannten Naturschutzverbände gehört werden. Dieser Pflicht kam die Stadtverwaltung gestern nach. An der besagten Eiche, Nr. 500 im Baumkataster, trafen sich Experten des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), des Bundes Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), des Verbandes der Gehölzsachverständigen mit den Vertretern des Grünflächenamtes, der Denkmal- und der Unteren Naturschutzbehörde, um sich über den Zustand der Allee und eventuell notwendige Eingriffe eine Meinung zu bilden. Vom Recht der Teilnahme machten auch die Stadtverordneten der Bündnisgrünen Saskia Hüneke, Fraktionsvorsitzende, und Peter Schüler Gebrauch.
Die Stadtverwaltung hat die 38 erhaltenen Eichen durch den Gehölzgutachter Nicolas Köhl begutachten lassen. Er kam zum Ergebnis, dass 13 davon ernsthafte Schäden aufweisen, zwei müssten gefällt werden. Zuvor hatte der Bereich Grünflächen bereits einen Baum entfernen und zwei stark einkürzen lassen. Damit sei er seiner Verkehrssicherungspflicht nachgekommen, hieß es, denn der Zustand der Bäume habe aktuelle Gefahren für die Passanten mit sich gebracht.
An der Eiche 500 demonstrierte der Gutachter sein Vorgehen. Durch Röntgenschichtaufnahmen (Tomografie), Ultraschallmessungen und andere moderne Untersuchungsmethoden kam er unter der Rinde einem Riss in der Zugseite des Baumes auf die Spur.
Dadurch neigt sich der Stamm, was auf der Druckseite durch Quetschung zur so genannten Hartröte führt. Ob zu diesen Symptomen ein Kabelgraben beigetragen hat, den die Energieversorgung hier gebuddelt hat, konnte nicht geklärt werden. Der Bereich Stadtgrün sagt nein, denn im Wurzelbereich der Eiche sei das Kabel mittels Durchörterung, also ohne Aushub eines Grabens, durchgezogen worden.
So gesund die alte Eiche von außen auch wirkt, ihr „Baumversagen sei gewissermaßen eingeleitet“, schlussfolgert Köhl. Die Chancen für die Erhaltung ständen schlecht. Als Lösung wäre eine Kappung in halber Höhe denkbar, doch auch dann blieben Restrisiken. Zudem steht der Baum an einer Stelle mit dichtem Verkehr, sein Umstürzen könnte also zu erheblichen Schäden führen.
Die Vertreter der Stadtverwaltung wollten es mit der Vorstellung der Eiche 500 bewenden lassen, darauf ließen sich die Naturschützer aber nicht ein. Peter Traichel vom BUND wies auf die Notwendigkeit bürgerschaftlicher Kontrolle solcher Vorhaben hin. Er forderte die Aushändigung des kompletten Gutachtens, die auch zugesagt wurde. In diesem Zusammenhang erinnerte Traichel an die Fällung der alten Eiche an der Gabelung Behlert- und Hans-Thoma-Straße, wo die Beteiligungsrechte der Naturschutzverbände nicht beachtet worden seien.
Der mit der Leitung beauftragte Ingo Lembcke, Untere Naturschutzbehörde, betonte den informellen Charakter der Begehung. Ihr würden sich nicht sogleich Fällungen und Schnittmaßnahmen anschließen. Die Vertreter der Naturschutzverbände haben nun Zeit, zu dem Vorhaben Stellung zu nehmen; auch ein Gegengutachten kann von ihnen gefordert werden.
Erhart Hohenstein
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: