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Sport: Der Einflieger kommt mit dem Bus

Motor Babelsbergs Boxer haben den vorjährigen Schwergewichts-Europameister Vitalius Sobaucius aus Litauen verpflichtet

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Motor Babelsbergs Boxer haben den vorjährigen Schwergewichts-Europameister Vitalius Sobaucius aus Litauen verpflichtet Zumindest ein Problem ist gelöst. Aufatmen beim Box-Zweitligisten Motor Babelsberg – zumal es das größte und schwerste Problem war. Wenn die Männer aus der Filmstadt heute zum Auftaktkampf der zweiten Bundesliga zum Boxteam Mecklenburg reisen, wird ein „Neuer“ mit im Mannschaftsbus sitzen: Vitalius Sobaucius aus Litauen steigt als Schwergewicht in dem beschaulichen Dorf Mecklenburg erstmals für Motor in den Ring. So geheim hatte Manager Ralph Mantau den Transfer gehalten, dass selbst die Mannschaft erst heute den neuen Mann aus Kaunas kennen lernen wird. „Wäre Vitalius nicht zu uns gekommen, hätten wir gleich zum Auftakt ein großes Problem“, so Mantau. „Denn unser einziges Schwergewicht Alex Melcher hatte eine Leistenbruch-Operation und fällt vorerst aus. Wahrscheinlich ist er erst zum dritten Kampf wieder fit und kann dann ins Geschehen eingreifen.“ Nun soll also Vitalius die Sache in der obersten Gewichtsklasse retten. 1,94 Meter misst der 25-jährige Sportstudent, er wiegt 92 Kilogramm und zeichnet sich vor allem durch seine enorme Schnelligkeit und Schlagkraft aus, wie Motor-Coach Gerhard Swintek dem durchtrainierten Athleten als sein Sparringspartner am Donnerstagabend in der Motor-Halle bescheinigte. Und auch die Erfolgsliste des Litauers kann sich sehen lassen: Europameister 2003, Vize-Europameister in diesem Jahr, den neunten Platz bei der diesjährigen WM in Bangkok und nicht zuletzt sechs litauische Meistertitel kann der Boxer für sich verbuchen. Eigentlich wollte Mantau den Schwergewichtler schon im vergangenen Jahr verpflichten. Damals fehlte jedoch die direkte Kontaktadresse, ein Fax nach Litauen kam nicht an – mit Alexander Melcher wurde schließlich eine gute Lösung gefunden. In Schweden stieß der Motor-Manager in diesem Jahr dann auf den dunkelhäutigen Modo Salla – „ein bärenstarker Typ, zwei Meter groß“. Mit dem schwedischen Boxverband war alles bereits in Sack und Tüten, kurz vor der Unterzeichnung des Vertrages erfuhr Mantau jedoch aus Fachkreisen von der Unzuverlässigkeit des stämmigen Athleten. „Ich muss mich allerdings auf meine Leute verlassen können“, entschied er und sagte die Sache ab. Auch zwei Polen hatten die Babelsberger favorisiert. Doch Marius Wach bekommt demnächst den Profistatus zuerkannt und kann deshalb nicht verpflichtet werden, und Michal Torwaniczki verließ den Verein. Beim kürzlichen Sechs-Nationen-Turnier in Dänemark fiel dem Motor-Chef dann Vitalius wieder ein. Und wieder spielte das Glück eine nicht unwesentliche Rolle, denn Gunnar Berg, der Chef der dänischen Boxer, konnte schnell und problemlos die Handynummer von Vitalius'' Trainer Vidas Budas besorgen. Ein Anruf abends um elf, und die Sache war perfekt. Am Montagmorgen kam die ersehnte Zusage des litauischen Boxverbandes, und am Donnerstag traf der neue Schwergewichtler zusammen mit seinem Trainer nach 15-stündiger Busfahrt in Berlin ein. „Ich war zwar schon in Halle und Cottbus zu Turnieren, aber Potsdam als große und dennoch ruhige Stadt hat mich sofort sehr begeistert“, erzählte die neue Schwergewichtshoffnung nach dem ersten Training. „Hier werde ich mich bestimmt wohl fühlen. Ein wenig bin ich natürlich aufgeregt, aber das ist ja normal, wenn man irgendwo neu anfängt.“ Wenn Vitalius, der derzeit auf Platz fünf der europäischen Rangliste gesetzt ist, für die nächsten Kämpfe nach Potsdam kommt, wird ihn vorerst noch sein Coach begleiten. Quartier wurde natürlich in Babelsberg gesucht und gefunden: In der neuen Jugendherberge an der Schulstraße übernachten die beiden Litauer. Ihr erster Potsdam-Aufenthalt ist am Sonntag zu Ende: Dann geht es mit dem Bus zurück in die Heimat. Der Europameister hat vorerst einen Vertrag für diese Saison unterzeichnet, mit der „beide Seiten zufrieden“ sind. Über Geld wird nicht geredet, aber: „Wenn man die inzwischen üblichen Ausgleichszahlungen und Siegprämien in Deutschland sieht, die sogar im Ligastatut des Deutschen Boxverbandes festgeschrieben sind, kann man nur von einer Unsitte sprechen“, beklagt Mantau. „Mit der Lösung, die wir recht schnell gefunden haben, kommen wir jedoch alle klar.“ Nicht zuletzt deshalb will er seinem neuen Schützling auch keine zusätzlichen Strapazen vor den wichtigen Kämpfen aufbürden: Schon bald soll die Anreise mit dem Flugzeug erfolgen – zumal dies inzwischen auch billiger als die Busfahrt geworden ist. Während der Verein für die strapazenreiche Bustour rund 100 Euro berappen muss, ist ein preiswerter Flug bereits für knapp 50 Euro zu bekommen. „Dann haben auch wir einen richtigen Einflieger''“, schmunzelt Mantau, und ihm ist anzumerken, dass er seine heimliche Freude über den gelungenen Coup nicht verbergen kann.

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