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Landeshauptstadt: Der erste war ein Pferdedieb

Familienforschung: „Alten Potsdamern“ auf der Spur

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Potsdam fehlt es an alten Potsdamern. Mehr als 40 Teilnehmer hörten am Samstag den Vortrag „Quellen und Wege der Familienforschung in Potsdam“. Doch außer dem Mann am Pult, dem Historiker Peter Bahl, gab es kaum jemanden im Treffpunkt Freizeit, dessen Vorfahren über viele Generationen in der Stadt an der Havel lebten. Herausragende Ausnahme: der Buchbinder Fabian Rohde. Er führt die Ahnentafel bis auf das Jahr 1662 zurück, als der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm seine Urvorderen, holländische Damastmacher, in die junge Residenzstadt holte.

Peter Bahl, der Vorsitzende der 1884 gegründeten Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg, sprach auf dem Regionaltreffen der Brandenburgischen Genealogischen Gesellschaft „Roter Adler“ und von weiteren vier Vereinen. Die bereits zum viertem Mal von Mario Seifert und Dieter Schubert organisierte Tagung bot Vorträge und Informationen u.a. über den Aufbau einer genealogischen Ortsdatenbank Brandenburg, wie man ein Familienwappen gestaltet, das Domstiftsarchiv Brandenburg sowie einen Überblick über die Möglichkeiten, die das Internet u.a. über die Adressen Genwiki und DigiBib den Familienforschern gibt. Dazu hat sich inzwischen ein Verein für Computergenealogie gebildet.

Die mehr als 100 Teilnehmer, die das für jedermann offene Treffen nutzten, sind in der Mehrzahl bereits ihren Vorfahren auf der Spur. Wer mit diesem Hoby neu beginnen will, kann jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat ab 19 Uhr das Genealogieforum aufsuchen, das Schubert in einem Raum des Treffpunkts eingerichtet hat. Die Zahl gerade jüngerer Interessenten, die davon Gebrauch machen, wächst stetig, erklärt Mario Seifert. Dazu können sie durchaus ermuntert werden, denn unter den 150 000 Einwohnern gebe es sicher noch so manchen, der dann Vorfahren auch in Potsdam finde.

Zwar liegt über der mittelalterlichen Stadt der Mantel des Schweigens, stellte Peter Bahl fest. Als erster Potsdamer wird 1409 der in Berlin hingerichtete Pferdedieb „Brunnes Sohn“ namentlich genannt. Mit einer Steuerliste von 1571 und verstärkt ab 1660 mit dem Ausbau der Stadt als kurfürstliche Sommerresidenz setzt dann aber verstärkt die urkundliche Überlieferung von Personennamen ein. Wenn auch vor allem im Zweiten Weltkrieg zahlreiche Bürgerlisten und Verzeichnisse vernichtet wurden, darunter die Kirchenbücher von St. Nikolai zwischen 1858 und 1945 – der große Rest biete nach wie vor die Chance, auf der Suche nach Vorfahren fündig zu werden. Vor allem wies Bahl auf Bestände des Stadtarchivs wie Bürger- und Schutzverwandtetenrollen, Erbvergleiche, Einwohnermeldebücher oder Innungsverzeichnisse hin, die noch viel zu wenig für die Familienforschung genutzt würden.

Besonders spannend sei die Suche für das 18. Jahrhundert, als Potsdam durch Einwanderer und die aus vielen Ländern angeworbenen Soldaten zu einer Stadt ethnischer, religiöser und kultureller Vielfalt wurde, wie sie es heute wieder ist, erklärte Peter Bahl. Mancher Familienforscher werde auf Vorfahren stoßen, die wie die Ahnen von Buchbinder Rohde aus Holland, aus Frankreich, Österreich, vielleicht auch aus Russland an die Havel gekommen sind. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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