Aus dem GERICHTSSAAL: Der Fall zweier Anwälte
Gerichte befassen sich mit Juristen, die gegen Gesetze verstoßen haben sollen
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Sven-Oliver M. kennt die Gerichtssäle im Justizzentrum in der Jägerallee gut. Viele Mandanten hat der 41-Jährige hier als Strafverteidiger vertreten. Nun benötigt er selbst die Hilfe eines Anwalts. Am Mittwoch verurteilte ihn Amtsrichter Wolfgang Peters wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 1500 Euro. Zudem ist der Jurist – der seine Zulassung als Anwalt nach eigenen Angaben freiwillig abgegeben hat – am Landgericht wegen Untreue und am Amtsgericht wegen Körperverletzung angeklagt, wie in den Justizbehörden bestätigt wurde.
Der Abstieg von M. ist ein tiefer, wie vor Gericht deutlich wurde. Derzeit lebt er von Hartz IV-Leistungen und ist als Praktikant in einer Kanzlei tätig, wie er vor Gericht sagte – früher verdiente er einige Zehntausend Euro pro Jahr. Unter anderem verteidigte er erfolgreich einen der Tatverdächtigen im bundesweit beachteten Fall Ermyas M., der Ostern 2006 in Potsdam-West niedergeschlagen worden war. Der anschließende Prozess 2007 fällt auch in den Zeitraum, der Sven-Oliver M. jetzt „auf die Füße fällt“, wie es die Staatsanwältin ausdrückte: Zwischen Ende Mai 2007 und Ende Mai 2009 soll M. seine jeweils fällige Einkommens- und Umsatzsteuererklärung nicht abgegeben haben – 24 000 Euro Steuerschaden seien so entstanden. Zwar wurde ein Teil des Verfahrens eingestellt – in drei Fällen aber sah der Richter die Steuerhinterziehung als erwiesen an. M. akzeptierte das Urteil.
Der Fall ist nicht das einzige Verfahren, in dem das Amtsgericht derzeit über einen früheren Anwalt aus Potsdam befinden muss. Am nächsten Dienstag muss sich auch Veikko B. wegen Steuerhinterziehung verantworten, auch er hat nach Gerichtsangaben inzwischen seine Zulassung verloren. Dabei war B. als Strafverteidiger in aufsehenerregenden Kriminalfällen sogar bundesweit bekannt geworden – etwa als Anwalt des wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilten Rheinsbergers Holger Hellblau, dessen Unschuld er beweisen konnte. Zuletzt war er auch einer der Anwälte in dem Hesco-Verfahren, in dem es um Insolvenzverschleppung, Unterschlagung, Bankrott, Untreue und Anstiftung zu diesen Straftaten ging.
Doch bereits 2010 war der Jurist, Jahrgang 1966, zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden – wegen Parteiverrats und versuchter Nötigung. Juristisch wehrte sich B. gegen die Entscheidung, doch eine Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) scheiterte. Vor dem Amtsgericht geht es nun um den Vorwurf der Steuerhinterziehung: Er soll es für die Jahre 2005 und 2007 unterlassen haben, fristgerecht die Einkommensteuererklärung abzugeben, glaubt die Staatsanwaltschaft. Gestern war B. nicht zu erreichen. Die Internetseite seiner früheren Kanzlei ist längst gelöscht. HK
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