
© Johanna Bergmann
"Glögi-Chef" in Potsdam: Der finnische Glühweinkrieg
Weil Jani Laaksonen seinen Wein nicht mehr auf einem Weihnachtsmarkt in Potsdam verkaufen durfte, hat er einen eigenen Laden aufgemacht. Und der läuft ziemlich gut. Ein Besuch.
Stand:
Potsdam - „Es läuft sehr gut“, sagt Jani Laaksonen mit einem sympathischen Lächeln. „Sogar noch viel besser als im Vorjahr.“ Seine Stammkunden seien ihm ebenfalls treu geblieben, sagt er. Täglich ab 13 Uhr hat sein finnisches Glühwein-Lokal „Glögi-Chef“ in der Lindenstraße seit November 2014 geöffnet. „An manchen Tagen geht es auch schon mal bis 24 Uhr“, sagt Laaksonen zufrieden.
Dabei sah seine Zukunft vor einem Jahr weniger rosig aus: Der Finne betrieb damals einen Glühweinstand auf dem Weihnachtsmarkt in der Brandenburger Straße. 2012 und 2013 machte er dort guten Umsatz. „Zu guten vielleicht“, wie er sagt. Denn im September 2014 war plötzlich Schluss: Weil Laaksonen Berliner ist, sollte er seinen Stand nicht mehr betreiben dürfen – bei gleichem Angebot hätten Potsdamer laut Marktbetreiber Vorrang.
Einheimische haben Vorrang
Laaksonen sei im September 2014 klargemacht worden, es würde keinen Stand für ihn und seinen Beeren-Glühwein mehr geben. „Ein anderer Händler aus Potsdam, der im Vorjahr gegenüber einen Stand betrieb, ist nun auf skandinavische Heißgetränke umgestiegen – und hat den Zuschlag bekommen“, so Laaksonen. Die Firma COEX GmbH unter der Leitung des Geschäftsführers Eberhard Heieck betreibt den Weihnachtsmarkt.
Heieck bestätigte 2014 die Darstellung: „Wenn es für das gleiche Angebot auch Einheimische gibt, haben diese Vorrang.“ Im Gegenzug habe man Laaksonen dafür einen Stand beim Weihnachtsmarkt in Cottbus angeboten. Der finnische Gegenschlag blieb aus, Laaksonen reagierte auf seine Weise. „So schnell wollte ich nicht aufgeben.“ Seine Stammkunden, so Laaksonen, haben ihm Mut gemacht – er würde es auch etwas abseits des eigentlichen Marktes schaffen. „Ich habe natürlich nur gehofft, es würde irgendwie klappen, aber dass es so gut läuft, das hätte ich nicht erwartet“, schwärmt der Finne.
Grundpfeilfer der finnischen Kultur: Glühwein, Sauna, Hardrock
Sein Laden strotzt nur so von in liebevoller Kleinarbeit gesammelten finnischen Reliquien. Vom Saunabierkrug über Geweihe bis hin zu einer natürlich äußerst ansprechenden Sammlung an finnischen Spirituosen, die im flackernden Licht finnischer Kurzvideos auf der Leinwand leuchten. „Die drei Grundpfeiler der finnischen Kultur sind Glühwein, Sauna und Hardrock“ – nach diesem Motto lebe Jani Laaksonen, der einst einen Magister in Politikwissenschaften in Leipzig erwarb. Frische selbstgemachte Glühweine untermalt von finnischem Hardrock laufen bereits im „Glögi-Chef“. „Eine Sauna“, so Laaksonen, „kommt dort hinten in die Ecke, eine echte finnische aus Holz.“ Vielleicht baut der Hobbyhandwerker sie, wie den Rest der Einrichtung in seinem Laden, gleich selbst. Sein aktuelles Lieblingsprodukt im Laden ist ein finnischer Whiskey namens Rye. „Ich mache jedes Jahr eine Finnland-Rundreise und immer entdecke ich etwas völlig Neues.“ Vom Whiskey habe er vor der diesjährigen Reise selbst noch nie etwas gehört.
Die ständig wachsende Produktpalette in der Lindenstraße bietet neben etlichen Glühweinvariationen auch Gin, Bier, Mixgetränke, Honig, Marmelade und sogar Senf aus Finnland.
Fahrradständer wird immer wieder verwüstet
Auf den Frieden im Glühweinkrieg kann jedoch noch nicht gänzlich angestoßen werden. „Mein Fahrradständer wurde schon viermal in diesem Jahr verwüstet“, klagt Laaksonen. Der kleine, hüfthohe Fahrradständer weist mit roter Aufschrift und Pfeil in Richtung „Glögi-Chef“, weg vom Weihnachtsmarkt auf der Brandenburger Straße. „Dort sind vier Fahrradständer – und unserer wird ständig Opfer von Gewalt“, wundert sich der Glühwein-Chef. Die Stadt würde den Fahrradständer zwar nicht genehmigen, ihn aber tolerieren. Wer daran seine Wut auslässt, bleibt wohl ungelöst, Strafanzeige will Laaksonen aber nicht stellen.
„Ich habe öfter schlaflose Nächte, aber nur, wenn ich tagsüber zu viel Glühwein verkauft habe und nachts nachkochen muss“, scherzt der Finne, der seinen Job liebt und sich einfach gerne mit Menschen über Finnland unterhält. „Wir wollen ja auch finnische Kultur verkaufen. Ich treffe mich persönlich mit jedem Händler in Finnland und zu jedem gibt es eine Geschichte zu erzählen, das macht einfach Spaß.“.
"Kippis!"
Finnische Angestellte konnte Laaksonen leider noch nicht gewinnen Er wird derzeit von drei Studenten aus Potsdam unterstützt. „Wir machen acht Monate nichts anderes als Glühwein“, berichtet er stolz, da er nunmehr an drei Standorten in Berlin, Frankfurt (Oder) und in der Lindenstraße fest vertreten ist. Dort hört man jetzt öfter ein „Kippis!“ durch die Straße hallen, was so viel wie „Prost“ bedeutet.
Benjamin Mailänder
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